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Reisebericht zu Andalusien→Costa de la Luz→Cadiz Puerto Santa Maria und Rota

Puerto de Santa Maria und das "Sherrydreieck" zwischen Rota und Jerez de la frontera

Foto Ballena Hütten am Strand

Unsere Erkundung von Landschaft und Wohnmöglichkeiten an der Costa de la Luz nördlich von Cadiz führt uns zunächst ins beschauliche Küstenstädtchen Puerto de Santa Maria, das noch etwas zwischen Moderne und letztem Jahrtausend zu schweben scheint. Zwischen Rota und Chipondeira finden wir zwar erneut einen traumhaften Sandstrand, allerdings wenig Umfeld für individuelle Ferienwohnungen. Rätselhaft bleibt uns der Zweck eines immer noch weiter ausgebauten, engmaschigen Autobahnnetzes in dieser eher ländlichen Umgebung des so genannten Sherrydreiecks bis Jerez de la frontera.

Auch heute wollen wir wieder den Tag zunächst mit etwas Strandleben beginnen, um später einen Ausflug in die Küstengebiete nördlich von Cadiz zu machen. Dann hätten wir Andalusiens Costa de la Luz in ihrer gesamten Länge erkundet. Sozusagen eine Hausaufgabe, nachdem wir jetzt bereits sicher sind, nicht zum letzten Mal hier gewesen zu sein. Beim nächsten Mal wollen wir bereits einen Überblick über die uns umgebenden Landstriche haben.

Der Tag präsentiert sich aber als negative Steigerung des gestrigen. Wieder ziehen Schleierwolken von Süden heran, begleitet vom eisigen Wind. Selbst in meiner gestern so mühsam ausbaldowerten Kuhle in unserem geschützten Felsenkreis ist es nur unter Aufbietung sämtlicher Schönredekünste gemütlich. Als die Sonne als einziger Wärmefaktor immer öfters unter den dichter werdenden Wolkenfeldern verschwindet, geben wir das Strandleben für heute auf.

Puerto de Santa Maria, beschaulicher Lagunenhafen hinter Cadiz

Wir wollen den heutigen Ausflugstag in Puerto de Santa Maria beginnen, einer Hafenstadt am Westrand der Lagune von Cadiz. Auch wenn die Anfahrt gut ausgeschildert ist, muss man sich schon sehr konzentrieren, um seinen Weg im Moloch der Straßennetze rund um die Lagune zu finden. Schließlich geht eine der Schnellstraßen aber in eine Einfallgerade mit den üblichen Super-, Bau- und Möbelmärkten über, wie es sie am Rand so vieler Städte auf der Welt gibt. An deren Ende wir nach links wie vermutet in die Altstadt ab. Ein kleiner Parkplatz am Rand des Hafenbeckens scheint uns ein geeigneter Ausgangspunkt zu sein.

Die breite Promenade, die entlang des Flusshafens in Richtung Stadt führt, ist gesäumt von jetzt stillgelegten Spielgeräten, Buden und weiteren Vergnügungsattraktionen. Und einigen Obdachlosen, denen der Wein jetzt schon schmeckt. Dabei fällt uns ein, dass wir schon vor Tagen den auszurangierenden blauen Trolley in den Kofferraum gelegt haben, um ihn einer möglicherweise besseren Verwendung als der Mülltonne zuzuführen. Eigentlich hatten wir ja an den Besitzer der Zeltbehausung unter der großen Platane auf dem Hafenplatz von Cadiz gedacht, Lore hält aber die hiesigen Armen für genauso geschenkgeeignet und will es jetzt hinter sich bringen. Angesichts der nicht zu überhörenden Streitlust der beiden Penner auf der Mauer überzeugt mich das nicht. Unter einer Brücke direkt hinter dem Parkplatz haust jedoch sehr versteckt und offensichtlich auf Schutz bedacht ein Zigeunerehepaar mit seinen wenigen Habseligkeiten. Hier ernten wir ein derart ungläubiges und doch warmherziges Dankeschön für den Trolley, dass ich richtig stolz auf meine Frau bin und schelte mich selbst für mein Zaudern. Die fast wütenden Blicke der beiden Besoffenen ignorieren wir einfach.

Puerto de Santa Maria liegt noch im tiefen Siestaschlaf. Nach hundert Metern passieren wir die Anlegestelle des als Attraktion gepriesenen Fährschiffs nach Cadiz. Wieder ein Punkt, den wir auf das nächste Mal verschieben. Der Ort wirkt sympathisch, die breite Hauptstraße ist von Bäumen gesäumt, die meist zweistöckigen Häuser könnten zwar an vielen Stellen ein Aufmörteln vertragen, man scheint aber ganz gut zu leben und Renovierungsbemühen wohl auch zum Zweck der Tourismusbelebung ist vielenorts zu sehen. Manche Schaufenster erinnern noch an die dörflichen Kramerläden meiner Jugend und selbst die Schuhläden scheinen sich im Vergleich zu Cadiz oder gar Granada mehr an Landfrauenschaft zu wenden.

Wir bewundern die Mauern des zinnenbewehrten Castillo de San Marcos und schlendern von dort durch die angenehm autofreien Fußgängergassen zurück. Eine Zeitlang werden wir von einer Straßennutte verfolgt, die in mir wohl trotz Begleitung ein mögliches Opfer sieht, anscheinend herrscht auch bei ihrer Kundschaft Flaute. Ab und zu versucht sie es auch in einem Café am Wegesrand, wird aber postwendend wieder rausgeworfen. Irgendwann ist sie in einer Toreinfahrt verschwunden.

Schließlich finden wir noch das von allen Führern gepriesene Restaurant Romerijo 1 und 2, das in zwei gegenüberliegenden Etablissements einerseits gebratenen, andererseits gekochten Fisch anbietet. Wegen der Beschreibung, sich hier den Fisch in die Hand zu holen, hatte ich mir eher ein rustikales, einer Raststätte ähnliches Ambiente vorgestellt, war auf die noblen Zeltvorbauten nicht gefasst und wäre fast sehenden Auges vorbeigerauscht. Leider ist es noch zu früh für ein vorgezogenes Abendessen. Aber hier wie auch in einem der anderen Fischlokale der Stadt wären wir wohl zu einem gemütlichen Abendessen besser aufgehoben als bei unseren kläglich gescheiterten Versuchen in Granada. Noch ein Punkt zur Wiederkehr.

Rota: Alle Wege führen zum Militär

Trotz guter Karten finden wir die richtige Ausfahrt aus dem Schnellstraßennetz in Richtung Rota erst im zweiten Anlauf und quälen uns lange durch die allgegenwärtigen Baumaßnahmen. Man gewinnt den Eindruck, in dieser Gegend müssten sich täglich morgens und abends wahre Blechlawinen wälzen wie im Ruhrgebiet zu seinen besten Zeiten. Erst im Vorbeifahren dämmert mir aus den Tiefen meines unglaublichen Wissens, Rota auch als Militärstützpunkt zu erinnern, der uns nun tatsächlich kilometerweit durch hohe Zäune und Sichtwälle vom Meer trennt.

Am Tor dieser Naval and Air Base vorbei fahren wir durch Vorstädte in Richtung Meer und stellen kurz vor dem Jachthafen bei der ersten sich bietenden Möglichkeit das Auto ab. Vor unserer Nase liegt ein Teil der spanischen Marineflotte auf Reede, gegenüber ist die Landzunge von Cadiz mit seiner Altstadt gut zu sehen. Das breite Sandstrandstück zu unseren Füssen gehört offenbar den Windglidern oder wie diese mit Gleitschirmen über die Brandung segelnden Surfer auch immer genannt werden. Eine Zeitlang sehen wir gespannt ihrem Treiben zu.

Die Erkundung der Stadt selbst gerät zu einem Einbahnstraßen-Fiasko bisher nicht gekannten Ausmaßes. Auf immer neuen Wegen versuchen wir, ins Innere vorzudringen. Wir stoßen auf quirliges Leben, kaum ruhige Plätze und gar keine Uraltgeschichte, was uns nicht stört. Was stört, sind Baustellen und Umleitungen. Egal, ob wir der Beschilderung zum Zentrum folgen oder der zu den Stränden, die wir ja eigentlich begutachten wollen, über kurz oder lang landen wir wieder vor dem Eingang zum Fliegerhorst bzw. Kriegshafen. Nach der dritten Runde geben wir schließlich auf und folgen der einzig verbliebenen Möglichkeit am Militärgelände entlang zurück zur Schnellstraße. Als Wohnquartier erscheint uns die Gegend verkehrstechnisch etwas kompliziert.

Weiße Strände an der Costa Ballena und Friede den Hütten

Erst als die werdende Autobahn von dem zweispurigen Baustellencharakter wieder in eine normale Provinzstraße übergeht, gelingt uns in einem Kreisverkehr ein erster Ausbruch in Richtung Meer. Vorbei an einem riesigen Touristenkomplex mit wachmännisch gesicherter Einfahrt folgen wir einer kleinen Abzweigung zur Costa Ballena an die Playa des Bazanillas. Auch hier in der Gegend wurden meiner Erinnerung nach mehrere Ferienwohnungen angeboten.

Gleich nach der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr geht der Weg in eine schlaglochübersäte Schotterpiste über und verläuft neben einem schilfüberwucherten Bachlauf, an dessen anderem Ufer sich hinter gesicherten Mauern in mehreren Komplexen der Touristenbunker bis zum Meer erstreckt. Er ist architektonisch nicht einmal ideenlos gebaut, auch hier sind maurische Stilelemente in den Beton gegossen worden und vermutlich sieht er nur von unserer ärmlichen Seite so ghettohaft aus. Wie sich herausstellen wird, erstreckt sich ein ganzer Golfplatz hinter den abweisenden Wänden.

Auf unserer eher ärmlichen Seite des Schilfkanals wird es jetzt langsam abenteuerlich, an den Seiten entweder ungepflegte und Dreckverstaubte, kärgliche Vegetation oder brüchige Mauern, wir rumpeln nach Gefühl über die Abzweigungen jeweils in die Richtung, wo wir eben das Meer vermuten. Hinter einem LKW und abgestellten Baumaschinen erblicken wir dasselbe endlich hinter einem breiten Sandstrand und parken das Auto. Uns bietet sich ein Anblick, als wäre das gestern besuchte El Palmar durch ein Erdbeben direkt an Novo Sancti Petri heran geschoben worden und dann im so gequetschten Kleinformat hierher gesprungen.

Eigentlich ist die Szenerie unwirklich und grotesk. Der wunderschöne Sandstrand zieht sich hier so weit das Auge reicht, unbehelligt von Zäunen oder Abgrenzungen. Gelegentlich gibt es noch die Dünen dahinter. Rechter Hand ragt direkt dahinter der gigantische Apartment-Komplex auf, den wir gerade entlang gefahren sind. Links von uns erstreckt sich hinter dem Strand eine Art festgetrampelte Sandfläche, die wie ein riesiger Parkplatz aussieht und den die abgestellten Baumaschinen wohl demnächst befestigen sollen.

Dahinter blickt wie in El Palmar eine kleine Dorfkolonie aus ärmlichen Hütten und teilweise verwilderten Villen gen Ozean, die in dieser Umgebung eher wie eine übrig gebliebene Filmkulisse wirkt. Es könnte sich auch um die Personalsiedlung für die anrainende Touristenhochburg handeln. Nur die hinter den grünen Windschutzzäunen in schwindelnde Höhe aufgestapelten Plastikstühle lassen erahnen, dass hier zu anderen Zeiten möglicherweise ein separates Strandleben stattfindet.

Im Sherrydreieck auf dem Weg nach Jerez de la Frontera: Weinbau und Asphalt

Wir finden, jetzt genug von diesem Küstenabschnitt gesehen zu haben. Sanlucar de Barrameda an der Mündung des Guadalquivirs, der hier von Sevilla kommend ins Meer mündet, sparen wir uns. Zu einem von hier aus möglichen Ausflug in das Naturparadies der la Donana ist die verbleibende Zeit ohnehin zu knapp. Schon im nächsten Ort, Chipondeira, werden wir uns wieder landeinwärts wenden.

Vorher gondeln wir durch eine bunte Mischung aus vereinzelter Landwirtschaft, weiteren, aber noch bodenhaftenden Touristenquartieren und Gartencentern. So wirkt auch der Ort selbst mit breiten Straßen, flachen Häusern und landwirtschaftlich orientierten Geschäften lebhaft entrückt. Umso geisterhafter gigantisch wirkt daraufhin erneut die riesige, breite Ausfallstraße nach Westen ins Landesinnere, die schließlich in eine Autobahn übergeht. So stellen wir uns Nesselwang im Allgäu vor zu Zeiten, als der Ort noch Bestandteil täglicher Verkehrsmeldungen war und Karawanen von Blech wohl den Ort von der damals dort endenden Autobahn durchpflügt haben. Nur dass hier weit und breit kein Auto zu sehen ist.

Wir durchqueren ein hügeliges Weinbaugebiet, schließlich geht es auf Jerez zu. Außer vereinzelten Gutshöfen und Windrädern inmitten der jungen Reben ist nichts zu sehen. In Anbetracht der frühen Jahreszeit ergibt das farblich viel rot und braun, wenig grün und reichlich Asphalt. Während wir auf einem der vielen möglichen Autobänder heimwärts tuckern, kommt kurz die Überlegung auf, doch noch einen Fischabend in Puerto de Santa Maria zu verbringen, aber nachdem für morgen unser Abschiedsessen im heimatlichen Cabo Roche geplant ist, wollen wir es finanziell nicht übertreiben.

Auf der Suche nach dem Bäcker in Conil viejo

Erst daheim fällt uns auf, dass wir den Broteinkauf für das morgige Frühstück versäumt haben. Morgens hatte ich ein seltsames Phänomen beobachtet: Einen Jogger, der mit zwei Baguette-Stangen bewaffnet in Richtung Strand lief. Seltsam war weniger der Jogger, hier scheint es verpönt zu sein, einfach nur des Strandes wegen Urlaub zu machen, vielmehr muss jeder mindestens einer Sportart frönen, um seinem Hiersein einen Zweck zu geben. Joggen, Radfahren und Walken führen dabei die Hitliste an (kein Witz, sogar hier stochern sie mit ihren Alpenstangen durch die Gegend, und wenn es nur den Bürgersteig entlang zum Supermarkt geht). Erstaunlich waren die Baguettes.

Die daraus erwachsende Hoffnung, doch einen handwerklich geführten Bäckerladen in der Nähe übersehen zu haben, löst sich aber in Luft auf und wir erkunden auf diese Weise noch einen weiteren Supermarkt in Conil. Zu gerne hätten wir noch zu Vergleichszwecken einen der zahlreichen Lidl-Märkte besucht, nur gerade hier findet sich ausnahmsweise keiner.

Mittlerweile rückt ja das Ende unserer Haushaltung näher und kreative Resteverwertung ist angesagt. Deshalb lassen wir uns ausgezeichnete Nudeln mit Streifen von Chorizo und Serranoschinken in Sahnesauce munden. Damit haben wir unsere Vorratshaltung mal wieder bis auf die ausstehenden beiden Frühstücke aufgebraucht und mussten lediglich die wenigen, teilweise experimentellen Fehlkäufe vernichten wie Milchreis oder Penas genannte Kürbiskerne, die in echt vermutlich Vogelfutter waren.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Nach einem letzten Strandtag unter strahlender Sonne Abendessen mit Lokalkolorit bei unseren Gastgebern mit Sebarbe und hervorragendem Dessert

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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