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Reisebericht zu Andalusien→Cordoba→Altstadt

Cordobas Weltkulturerbe: die Mezquita mit Kathedrale und Kapellen

Cordoba Mezquita Innenansicht

Die Mezquita ist Cordobas Hauptanziehungspunkt und mit Sicherheit ein einzigartiges Weltkulturerbe. Ich habe kein vergleichbares Bauwerk gesehen, dass so verschiedene Kulturströme verkraften musste. Es ist insoweit ein zu Stein gewordener, ewiger Katalog architektonischer Bausünden, zugleich aber auch ein fast groteskes Vorbild kultureller Integration und mit seinen stillen Bogengängen auch ein Ort der Meditation darüber.

Nachdem wir jetzt einen ersten Eindruck der gemütlichen Athmosphäre genossen haben, die in Cordobas Altsdtadt an jeder Ecke zu spüren ist, wollen wir uns jetzt endlich dem kulturellen Highlight widmen, der Mezquita. Ihre Einfassung baut sich urplötzlich am Ende der Gasse vor uns auf und wirkt so gar nicht kirchlich, eher wie der Vorhof einer Burg, an deren Rändern sich lärmend das Basarleben abspielt.

Ein Tor in der sandsteinfarbenen Außenmauer führt in den weitläufigen, arkadengesäumten Vorhof. Dieser Hofgarten wirkt schon allein durch seine Größe, der Arkadengang schirmt ihn vom lärmenden Treiben draußen ab. Die Orangenbäume wirken etwas ärmlich, fast ausgehungert, da haben wir in Granada üppigeres gesehen. Der moderne Pavilloncontainer im Zentrum der Arkaden bedarf keines weiteren Hinweises auf seine Funktion und wir lösen dort unsere Eintrittskarten. Eine letzte Zigarettenpause erhöht die Spannung und wir betrachten das Treiben unter den Bäumen, das eher an ein Picknick erinnert. Es fällt schwer, hier den Ort für rituelle Waschungen der ursprünglich ortsbeherrschenden Muslime zu entdecken. Lediglich die Größe der Fläche hätte uns vorbereiten können auf das, was uns erwartet: Eines der schönsten und zugleich groteskesten Geschichtsbücher aus Stein, das ich jemals gesehen habe, zugleich die Verewigung architektonischer Bausünden über Jahrhunderte.

Mezquita: Eine Kathedrale als Geschichtsarchitektur und ewiger Bausündenkatalog

Der erste Eindruck ist finster und trotzdem vollkommen klar, dass alles irgendwie anders ist als in jeder Kathedrale, die wir bisher gesehen haben. Gut, haben wir ja gelesen. Es dauert einen Moment, bis sich die Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben. Dann schauen wir in einen Raum, der sich links und rechts endlos fortzusetzen scheint, Bogengang an Bogengang, bis sich diese in der Finsternis verlieren. Lediglich im Zentralbereich verdichten sich diese Bögen zu Mauern und Gängen, die mehr an ein aus diesem Gewölbe herausragendes, eigenes Gebäude erinnern denn an das versprochene Kirchenschiff. Die massiv wirkenden Seitenwände sind mit kleinen, gelblich beleuchteten, einzelnen Kapellen durchbrochen, was schon an eine Kirche denken läßt, nur wirkt es mehr wie die Umfriedungen mancher Friedhöfe.

Wir bestaunen noch eine Weile dieses Labyrinth von Bögen und fühlen uns eher wie in eine riesige Krypta versetzt. Angesichts der endlosen Weite fällt die Orientierung schwer. Den einzigen Fixpunkt bietet dieser massive Fremdkörper im Zentrum, dort werden grau verputzte, zugemauerte Bogenelemente von oben hell beschienen. Dieses christliche Monstrum inmitten ursprünglich maurischer Bogenkultur wollen wir aber zunächst aussen vor lassen (wobei die Mauren ihrerseits diese ihre Bauten wohl auch auf christlichen Fundamenten gebaut hatten).

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Die Kapellen der Kalifen und der Juden in der Mezquita

Als erstes wollen wir die Gebetskapellen der Kalifen sehen, um dem Grundstock dieses Monuments die gebührende Referenz zu erweisen. Sie sollen sich am gegenüber liegenden Ende befinden, also lassen wir das Zentrum erst einmal links liegen und durchwandern die Bogengänge. Die werden aus abgehängten Ölschalen von unten beleuchtet, jetzt natürlich elektrisch, was ihre Plastizität noch weiter erhöht. Es gibt keinen Betrachtungspunkt, von dem aus die endlosen Reihen nicht symmetrisch wirken, ganz egal, in welche Richtung man blickt.

Natürlich drängt sich der Vergleich mit den Nasridenpalästen auf, als wir vor der Gebetskammer des Kalifen stehen. Was heißt Kammer, dieser Hort fürstlicher Einkehr ist ja nur im Hintergrund zu sehen. Die ornamentale Pracht der vorgelagerten Kapelle ist es, die einem wieder den Atem raubt. Man kann eine Kuppel tatsächlich so bauen, dass sie wie das Abbild einer Rose aussieht und braucht noch nicht einmal Farbe dazu, nur verschiedenfarbige Steine, und tausend Jahre später kann sogar ich die Intention der Baumeister auch ohne Reiseführer immer noch verstehen, muss nur schauen.

Gegen diese zurückhaltende und doch grandios filigrane Kunst wirkt die daneben anschließende, christliche Schatzkammer in der Kardinalskapelle mehr wie hilflos dagegen anstinken wollende Prunksucht, die etwas an das Minimuseum in Granadas Capilla Real erinnert. Das ist natürlich ungerecht, es ist ja auch mehr eine Ausstellung denn Baukunst.

In einem weiteren Winkel findet sich noch die Kapelle für die Juden, die auch einfach in die ursprüngliche Bausubstanz hineingebaut wurde. Die ursprünglichen Bogengänge sind jedenfalls noch klar zu erkennen, nur jetzt teilweise zugemauert. Die so entstandenen Flächen sind dafür über und über mit durchaus ansehnlichen Fresken übermalt worden. Auch wenn diese eher katholisch wirken, mindert das weder ihre Anmut noch den Beweis dafür, wieviele verschiedene Kulturen man über Jahrhunderte in ein einziges Bauwerk integrieren kann.

Das christliche Zentrum der Mezquita: Die Kathedrale von Cordoba

Aus diesem Blickwinkel öffnet sich einem die ins Zentrum der ursprünglichen Moschee eingepflanzte, christliche Kathedrale eher, weil man den eigentlichen Innenraum erahnen und auch einsehen kann. Zuvor sind wir quasi an den zugemauerten Kokon-Fassaden entlang geschlendert. Der plötzliche Szenenwechsel im selben Gebäude ist schon eine eher groteske Überraschung. Ich glaube nicht, dass es auf der Welt irgendetwas Vergleichbares gibt. Vermutlich der erste architektonische Versuch, neue Bauwerke in überlieferte Umgebung zu integrieren, wobei hier von Schonung keine Rede sein kann. In der Mitte dieser schummrigen Bogengänge wächst plötzlich eine lichte Rennaissancekirche in die Höhe, fast, als wäre sie in der Erde entstanden und hätte dann nur zufällig eben diesen Platz hier von unten durchbohrt. Sie ist ja nicht einmal hässlich, besonders das Chorgestühl aus geschnitztem und poliertem Mahagoni würde überall sonst bewundert. Man fragt sich einfach nur, was sie hier verloren hat.

Der Führer kolportiert einen Ausspruch vom König Karl, der sich beschwert, hier sei ein einzigartiges Bauwerk durch den Bau einer gewöhnlichen Allerweltskathedrale entehrt worden. Da mag er Recht gehabt haben. Andererseits ist der Stilbruch schon wieder so bizarr und kann dennoch dem Gesamteindruck nur sehr wenig anhaben, dass man ihn auch als weltweites Mahnmal für architektonischen Wahnsinn auffassen könnte. Oder aber auch als Zeichen der friedlichen Koexistenz aller Glaubensrichtungen, für ein buddhistisches Tempelchen wäre hier locker noch Platz. Wäre interessant zu erfahren, ob Muslime hier auch ihr Freitagsgebet verrichten dürfen, vielleicht vor des Kalifen Rahmans Andachtsraum.

Jedenfalls sind wir hier an einem ganz besonderen Ort. Vielleicht existiert in Jerusalem ein Bau, der hiermit vergleichbar wäre, aber dort war ich noch nicht. Übrigens finden wir hinter einigen archäoligischen Ausstellungsvitrinen auch noch eine hochmoderne Publikumstoilette. Auch das ein Novum für eine Kirche. Ein Ort, der nicht allein durch seine meditative Grundstimmung, sondern gerade auch durch seine Gegensätze nachdenklich macht. Das ist sicher sehr selten und hat allein schon die Reise hierher mehr als gelohnt.

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Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

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