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Reisebericht zu Andalusien→Granada→Stadt Einkaufen

Flohmarkt in Granada

Der versprochene Flohmarkt am Campo Feria ist leicht gefunden, stellt sich aber als heftiges Wochenmarktgedränge heraus. Hier Schnäppchen zu ergattern mag durchaus möglich sein, erfordert aber ein starkes Nervenkostüm. Anfängliche Sorgen wegen der Sicherheit stellen sich aber als unbegründet heraus.

Mercadillo, der Sonntagsflohmarkt am Campo de la Feria

Zum ersten Mal im bisherigen Urlaubsverlauf weckt uns ein Sonnenstrahl und treibt uns aus dem Bett. Wir beschließen, angesichts des Wetters einen Ausflugtag einzulegen. In der Stadt ist sonntags ohnehin nur tote Hose zu erwarten und zwei Tage konsequenter Besichtigungen verlangen nach einer Abwechslung. Außerdem findet heute der einzige Flohmarkt statt, von dem ich überhaupt in Andalusien-Führern gelesen habe. Das kann ich meiner Frau nicht vorenthalten, selbst wenn ich großes Leid für mich selbst befürchte.

Der sonst sehr genaue grüne Führer beschreibt den Ort des Geschehens nur ungefähr. Der Campo de la Feria an der Strasse nach Jaén lässt sich auf den Stadtplänen nicht finden, da diese sich natürlich auf das historische Zentrum konzentrieren, und alle Strassen nach irgendwo gehen natürlich mittlerweile vom Autobahnring ab. Aus der Schemakarte der Umgebung können wir aber immerhin die Vermutung ableiten, an der Verbindung vom Stadtzentrum zum nördlichen Aurobahnring suchen zu müssen.

Sobald die Autobahn die Hügel um Alfacar verläßt und wir auf die Umfahrung Richtung Granada wechseln, erwartet uns das erste Wow-Erlebnis des Tages. Zum ersten Mal können wir die schneebedeckte und im Sonnenlicht glitzernde Sierra Nevada über der Stadt thronen sehen. In der grau verhangenen Suppe der letzten Tage war uns ganz entfallen, dass da was sein müsste. Das ist schon ein erhabener Anblick und gibt auch einen neuen Eindruck von der Stadt. Er ähnelt den Hochglanzprospekten mit der Aussicht von München gegen Garmisch und die Alpen bei Föhnwetterlage. Auf meiner Digicam kommt der Eindruck natürlich nicht so rüber, vor allem auch nicht die Überraschung.

Um in die nördliche Neustadt Granadas zu gelangen, nehmen wir wieder dieselbe Ausfahrt wie gestern zum Einkaufszentrum, nur dass wir uns jetzt gleich wieder stadteinwärts wenden. Ausfahrt 123 wird noch zu unserer Hauptadresse werden. Intern vereinbaren wir, keine aufwändigen Suchaktionen durchzuführen. Falls wir den Flohmarkt von der Strasse aus ausmachen können, halten wir, ansonsten drehen wir wieder in Richtung Autobahn ab und fahren südwärts in die Alpejuarra, also den meerseitigen Abhang der vor uns aufragenden Sierra Nevada. Möge das Schicksal entscheiden.

Flohmarkt zwischen Hochhausblöcken: Sicherheitsbedenken unbegründet

Das ist heute eindeutig auf Lores Seite. Bereits nach wenigen hundert Metern zieht sich unübersehbar ein endloser Strang von Marktständen die links abgehende Seitenstrasse hinauf. Die Kreuzung wird von einem Kreisverkehr geregelt, von dem rechter Hand eine kurze Sackgasse abzweigt, die offenbar als Parkplatz genutzt wird und noch freie Plätze bietet. Diese wird sicher demnächst in eine weitere Hochhaussiedlung führen, die bestimmt ebenso schön wird wie die ziemlich an unseren sozialen Wohnungsbau des letzten Jahrtausends erinnernden Silos um uns herum. Im Moment endet sie noch im staubigen Nirwana zwischen Granada und seinem Autobahnring.

Einige Gestalten lungern herum, denen nicht anzusehen ist, ob sie sich als Hilfsparkwächter aufspielen wollen oder nur nach Beute Ausschau halten. Auch wenn sich meine Befürchtungen später als unbegründet erweisen werden, lassen wir wie immer das Handschuhfach offen und das Auto sauber ohne sichtbare Gegenstände. Die immer wieder publizierten Sicherheitswarnungen haben uns schon beeindruckt, obwohl uns persönlich zu keinem Zeitpunkt der ganzen Reise irgendeine Situation bedrohlich erschienen ist. Vielleicht machen Diebe und Räuber ja auch Urlaub außerhalb der Saison. Geld und Wertsachen nie in Außentaschen, Handtaschen und Rucksack nur im Notfall und mit nichts Wichtigem drin, selbiges bei Barbesuchen nie außen abstellen sondern unter dem Tisch, Auto als offensichtlich leer deutlich machen, diese Grundregeln des Touristenlebens gelten natürlich auch hier wie auf jedem anderen belebten Platz auf der Welt. Nicht umsonst sieht man mich seit 20 Jahren auf allen Urlaubsfotos in derselben, mittlerweile total ausgebleichten Fischerweste. Kein vorteilhaftes Aussehen, aber eben praktisch.

Bezüglich Lore hat das Schicksal ja bereits entschieden, dann soll es sich jetzt gefälligst auch um unser Auto kümmern. Die Hilfsparkwächter oder nicht erheben jedenfalls keinen Obolus, den ich ihnen für gewährte Aufsicht gerne gegeben hätte, und wir ziehen los. Schon nach den ersten Metern wird deutlich, wir sind hier nicht auf einem Flohmarkt nach unseren Maßstäben, sondern auf dem üblichen Wochenramschmarkt, wie er überall stattfindet, hier allerdings wenigstens für Einheimische und nicht für Touristen. Die Umgebung lässt auch keinen Zweifel aufkommen, dass er inmitten der richtigen Zielgruppe abgehalten wird.

Wochenmarktgedränge und reichlich Ramsch: der Mercadillo

Jeans, T-Shirts, Unterwäsche in allen schrecklichen Neonfarben, die es gibt, Schuhe sowieso, Tonträger jeder Art, die üblichen Haushaltswarenwühlkisten. Ohrenbetäubender Lärm. Fast rührend, wie die Verkäufer noch tief Luft holen, bevor sie einem die Anzahl der Stücke entgegenbrüllen, die es für einen oder zehn E-uros zu holen gibt, manchmal kommt noch ein einleitendes Heulen oder Trällern dazu. Hamburger Fischmarkt hoch zehn auf Spanisch. Gleichmütig prüft Lore Stand für Stand das Angebot, während ich mich inmitten eines Vorhofs zur Hölle fühle. Meter für Meter schieben wir uns im Gedränge vorwärts, als Farbtupfer kommt ab und zu ein Gemüse- und Obststand hinzu. Mit Mühe kann ich Lore überzeugen, dass zwei Euros für ein Kilo Tomaten oder eine ganze Steige Erdbeeren sicher günstig sind, wir aber bereits genügend Tomaten und anderes Gemüse zu Hause haben.

Nach einer gefühlten Stunde haben wir den Hügel erklommen, nur um dort festzustellen, dass wir gerade den Zugangsarm zu dem sich weiter rechts noch in unendliche Weiten des Universums erstreckenden Monstermarkts bewältigt haben. Erst beim Zurückblicken erkennt Lore die zurückgelegte Steigung. Zwischen Marktständen könnte sie wahrscheinlich trotz Asthma sogar die Zugspitze erklimmen, ohne außer Atem zu kommen. Wenn man von zu viel Schnee schneeblind wird, müsste man von zu viel Ramsch und Markt marktblind werden. Dieses Gefühl, verbunden mit beginnendem Tinnitus und aggressiver Streiklaune beginnt sich bei mir einzustellen.

Lore kennt natürlich die Grenzen meiner Duldsamkeit und muss mittlerweile sogar selbst zumindest eineMarktsehschwäche einräumen. Nach einem kurzen Rechtsschwenk geben wir auf, immerhin um zwei Jeans reicher. Mit besseren Einkaufsnerven ausgestattete Menschen können es hier vermutlich einen ganzen Tag verbringen. Immerhin müssen wir nicht wieder die Basargasse bergab benutzen, sondern können auf dem breiten Trottoir der nebenan verlaufenden Strasse störungsfrei bergab laufen. Zehn Minuten später sind wir wieder am Auto, dieses und wir wohlbehalten.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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