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Reisebericht zu Andalusien→Granada→Reiseplanung Retsaurant Tapas-Bar

Gastronomie in Granada und Andalusien: Fallstricke und vermeidbare Fehler

Gastronomie in Granada Kulturerlebnis Tapas

Fastfood-Ketten wie "Fresco" bieten die trügerische Sicherheit der Inaugenscheinnahme scheinbarer Vielfalt, aber auch erstaunliche Geschmacksfreiheit. Bei der Restaurantsuche verlässt man sich besser auf das eigene Bauchgefühl oder handfeste Tips. Touristenlokale dagegen bieten einfach nur Mittelmaß, das in der eigenen Ferienwohnung meistens einfachst übertroffen werden kann. Tapas-Bars bieten gute Alternativen, allerdings mit hohem Risiko von Überraschungen gerade auch wegen Problemen der Übersetzung lokaler Besonderheiten.

Lokale Gastronomie als Kulturerlebnis Andalusien

Ermattet von vielen Stunden touristischer Höchstleistung angesichts der Besichtigung der Alhambra ergibt sich auch jetzt wieder die Frage des Abendessens. Natürlich ist unser Prinzip des Urlaubs in Ferienwohnungen schon darauf gerichtet, uns eine Eigenverpflegung zu ermöglichen, aber nach solchen Tagen erscheint das einfach unmenschlich. Außerdem gehört für uns die Erkundung der lokalen Gastronomie schon auch zum Erleben eines Landes dazu, so dass gelegentliches Aufsuchen solcher Lokalitäten selbstverständlich auch Kultur darstellt. An Tagen wie diesem, wenn das Ausflugsprogramm wirklich anstrengend wird, ergibt sich eigentlich die optimale Gelegenheit, Sparwillen und Kochfaulheit zu koppeln mit der Aussicht, sich am Ende eines Erlebnistages mit kulinarischen Sensationen umsorgen zu lassen.

Dieser fromme Wunsch kann jedoch schnell in weiteren Stress umschlagen, wenn man nicht genau weiß, an welchem Ort dieses gastronomische Abenteuer stattfinden soll. Eine unkoordinierte Suche in den Gassen einer fremden Stadt, in Anbetracht der andalusischen Eßgewohnheiten deutscherseits meist auch zum falschen Zeitpunkt, kann da zu Frustrationen führen, die aber ihre Ursache auch im Auge des Betrachters finden. Unsere eigenen Erlebnisse in Granada habe ich hier unabhängig vom zeitlichen Ablauf unseres Urlaubs zusammengefasst, um die "Übersetzungsfehler" deutlich zu machen.

Den ersten solchen Fehler haben wir schon am Anreisetag begangen, als es lediglich darum ging, aus Hungergründen bereits um 19:00 etwas zu Essen zu bekommen, selbst wenn die reguläre andalusische Essenszeit am Abend deutlich nach 21:00 beginnt.

Fastfood und Ketten bieten trügerische Sicherheit

Einerseits wollen wir vermeiden, dem erstbesten Touristenfänger aufzusitzen. Jetzt, eine Stunde vor Öffnung der Lokale für Einheimische, aber für unsere Verhältnisse schon längst Zeit für das Abendessen, herrscht für diese natürlich Jagdsaison in einer Touristenstadt wie Granada. Andererseits sind wir beide des Schlenderns müde und wollen unabhängig von lokalen Gepflogenheiten jetzt etwas in den hungrigen Magen bekommen. In dieser Zwangslage erinnern wir uns an Barcelona, wo wir in ähnlicher Situation auch einmal eine Filiale der hiesigen Lokalkette "Fresco" aufgesucht hatten, die zu relativ günstigem Tarif ein all-you-can-eat-Buffet anbietet. An der nahe gelegenen Via Colon sind wir auch hier an einem solchen Laden vorbeigeschlendert.

Wir haben die Leistung nicht in allzu schlechter Erinnerung behalten. Das all-you-can-eat ist uns eher wurst, aber die optische Auswahlmöglichkeit ohne Sprachführerstress erscheint uns jetzt attraktiv und wir kehren dorthin zurück. Bis auf einen einsamen Esser, der an einem Tisch im Hintergrund bereits Berge von leer geräumten Tellern vor sich aufgetürmt hat, ist das Lokal natürlich gähnend leer. Außerdem steht noch eine einsame Bedienung an der Kasse, die uns sogleich lächelnd begrüßt und versucht, uns auf Spanisch und brockenhaftem Englisch das Prinzip zu erklären:

Im Eingangsbereich vor unserer Nase befinden sich die Suppen, am folgenden Tresen die Salate, an dessen Ende die Kasse mit Getränkeauswahl und Bezahlung. Im dahinter angesiedelten Saal werden die Hauptspeisen angeboten und immer wieder ergänzt, dort gibt es auch Nachspeisen und Kaffee. Wir bedienen uns also an der gebundenen Gemüsesuppe und stellen einen kleinen Salatteller zusammen, lassen uns ein Bier und einen Wein geben und beginnen unser Mahl in der unpersönlichen, mehr an Mensa oder Kantine erinnernden Fastfood-Einrichtung. Die Suppe wärmt den Magen und erinnert am ehesten an eine Päckchenversion von Erbsensuppe. Hinter uns werden immerhin die Wärmekästen mit den Hauptspeisen aufgefüllt.

Wirklich erinnern kann ich mich nur an einen strudelähnlichen Auflauf aus Kartoffeln, den ich aus Neugier aus den drei Alternativen ausgewählt hatte. Alles andere inklusive der von Lore nachträglich gewählten Pizza, an der man ja nichts verkehrt machen kann, war einfach derart geschmacklos, dass es nicht im Gedächtnis blieb. Selbst gehörige Zufuhr von Salz und Pfeffer konnten diesen Umstand nicht ausgleichen, was insofern überraschend ist, als ja die zugrunde gelegten Lebensmittel noch deutlich erkennbar waren, die ja über einen Eigengeschmack verfügen. Das Essen war also nicht schlecht und der gleichmäßige, papierähnliche Grundgeschmack aller Gerichte konnte den Hunger ohne direkte Beleidigung stillen. Eine kulinarische Erleuchtung hatten wir ja auch nicht erwartet, geschweige denn eine Sensation für unsere 10 € pro Person und Speisung (Getränke extra). Die kam dann mit dem Apfelkuchen bei den Nachspeisen: Fresco hat es tatsächlich geschafft, einen vollkommen geschmacksfreien Apfelkuchen herzustellen, obwohl Äpfel ersichtlich oben drauf lagen! Immerhin der Kaffee schmeckte wenigstens nach Kaffee.

Immerhin gesättigt verlassen wir das Lokal, enttäuscht eher wegen der verpassten Gelegenheit auf ein authentisches Mahl aber wohl wissend, das wir ja selbst schuld sind. Fastfood bleibt eben Fastfood, egal ob als Burgerkette oder als lokale Alternative. Für wenige Reisetage unter Stress wie An/Abreise oder Umzug mag man solche Papierverpflegung hinnehmen nach dem Motto "Lieber bekanntes Allerweltsniveau und günstig als schlecht und trotzdem teuer". Für den nächsten Abend aber setzen wir uns höhere Ziele.

Technik der Restaurantsuche in Granada oder anderen Stätten des Massentourismus

Nach Besichtigung der Alhambra und immer noch ohne nennenswerte Vorräte in unserer Appartmentküche wollen wir mit Planung und Vorsatz ein angemessenes Lokal für ein andalusisches Abendessen finden. Ich studiere vorab die Empfehlungen des Reiseführers, um zumindest die Namen im Kopf zu haben, soweit sie uns bei dem anstehendem Rundgang begegnen sollten. Schließlich müssen wir noch mindestens eine Stunde durch die Altstadt kreisen, bis die spanische Abendessenszeit überhaupt beginnt.

Das "Castaneda" gleich um die Ecke macht sogar bereits Anstalten, die Pforten zu öffnen, auch wenn der augenscheinliche Restaurantteil noch im Dunklen liegt. Was wir durch die Scheiben ergaffen können, macht aber doch einen ziemlich feudalen Eindruck, so dass wir die Entscheidung aufschieben. Ein schwerer Fehler, wie sich herausstellen wird.

Die Auswahl "aus dem Bauch heraus" oder wegen Tips: Der Mittelweg bringt oft auch Mittelmaß

Eigentlich gibt es nur zwei Techniken zur Restaurantsuche in fremden Städten, gerade wenn sie vom Tourismus geprägt sind und ein derart reichhaltiges Angebot vorgaukeln. Entweder man entscheidet sich bereits während der Rundgänge für ein Haus, welches einen sympathischen, gemütlichen Eindruck macht oder sonst irgendwie eine Besonderheit aufweist. Soweit auch die meistens veröffentlichte Speisekarte ein bezahlbares Preisniveau verspricht, merkt man es sich und probiert es auch konsequent aus. Oder aber man verlässt sich auf die Empfehlungen, die der Reiseführer oder anderer Quellen, die im Internet mittlerweile ja zuhauf zu finden sind. In beiden Fällen wird meistens auch eine Grundeinschätzung des Preisniveaus mitgeliefert. Dann aber sollte man der Empfehlung auch vertrauen, eben nicht mehr ausgehängte Speisekarten oder das Ambiente studieren und erwägen, sondern einfach reingehen – hopp oder topp.

Überraschungen in jeder Hinsicht erlebt man dabei immer, und ab und zu ist natürlich auch ein Reinfall dabei. Beim gezielten Besuch einer Empfehlung habe ich das aber von der Qualität her eher selten erlebt, höchstens war die Rechnung am Ende etwas höher als erwartet. Für ein besonderes und kulinarisch authentisches Erlebnis ist das aber zu verschmerzen. Eine Perle zufällig aus Sympathie im Vorbeigehen zu entdecken ist natürlich andererseits ein Urlaubserlebnis, das Entdeckerfreuden vermittelt. Selbst, wenn es schief geht, bleibt es immer noch ein Erlebnis.

Angesichts des vergangenen Alhambra-Tags ist unser Entdeckerkanal allerdings bereits voll und wir wählen nach ausgiebigem Rundgang den Mittelweg, der in diesem Fall erneut den kulinarischen Tod bringt. Müde schlendern wir durch die Strassen, die wenigen äußerlich sympathisch wirkenden Restaurants sind noch geschlossen. Vom "Castaneda", in allen Reiseführern erwähnt, sind wir mittlerweile wieder zu weit entfernt, als dass der Rückmarsch noch erträglich erscheint. Der Hunger plagt. Nachdem wir zum zweiten Mal wie streunende Katzen an einem Lokal mit passabler Einrichtung vorbeischleichen, das zumindest eine Speisekarte auf großen Tafeln ausstellt, die wir, weil mehrsprachig, verstehen und auch preisgünstig erscheint, also für Touristen gemacht ist, zudem geöffnet hat, lassen wir erneut alle Auswahlgrundsätze sausen und gehen rein.

Zwischen Hunger und Anspruch: Das durchschnittliche Touristenlokal

Wir werden sofort in Empfang genommen und an einen Mitteltisch gebeten. Natürlich haben die wartenden Kellner erkennbar nichts zu tun und können uns die gesamte Aufmerksamkeit widmen. Dennoch bleibt das diffuse Gefühl, diese dient hauptsächlich der Sorge, wir könnten es uns im letzten Moment noch anders überlegen. Der angebotene Tisch ist strategisch gut gewählt, weil von beiden Strassen des Ecklokals gut einsehbar, andere Touristen auf der Suche uns also gut sehen können. Uns ist es egal, wir sind jetzt angekommen.

Die in Leder gebundene, viersprachige Speisekarte zeigt noch Bruchstücke des vor dem Lokal angepriesenen Angebots, Tapas fehlen aber. Viersprachige Speisekarten haben den Vorteil, dass man sich aus der Summe der einzelnen Übersetzungen ein ungefähres Bild davon zusammenreimen kann, was einen tatsächlich erwartet. Nachdem es sich meistens um Wörterbuch- oder Google-Übersetzungen handelt, fällt die deutsche Version oft vage aus. Ein Vergleich mit der englischen und französischen Seite, für sich genommen auch eher einsilbig, kann dagegen in der Summe ein ungefähres Gesamtbild ergeben.

Lore entscheidet sich für eine Pizza, ich nehme ein Schweinesteak mit Pfeffersauce und hoffe, automatisch eine Beilage zu erhalten. Das Highlight bildet überraschenderweise der Anfang. Wir erhalten ein kleines Schälchen grüne Oliven, von dem wir zugeben müssen, dass es die besten waren, die wir in ganz Spanien gegessen haben, würzig, aber nicht aufdringlich, mit einer hintergründigen Knoblauchnote. Wir werden hier zu Olivenfans bekehrt und versuchen im Rahmen unserer späteren Einkäufe und Lokalbesuche vergeblich, diese Qualität wieder zu bekommen.

Der Rest war in Ordnung. Punkt. Die Pizza zwar nicht scharf, wie versprochen, aber jedenfalls passabel. Das Schweinesteak eben ein Schweinesteak an wenigen und langweiligen Salzkartoffelstückchen, die Pfeffersauce dafür mit Brimborium in silbriger Sauciere nachgereicht. Der Carajillo danach wenig alkoholschmackig, auch hier der eigentlich im Espresso erwartete Schnaps mit Brimborium dazu gereicht und mit Schmackes angezündet. Sehr effektvoll, aber wenig effektiv. Die undefinierbaren Körnchen in der jetzt nicht mehr alkoholischen Suppe stellten sich später als Kaffeeböhnchen heraus.

Nicht zu teuer ist auch zu viel für ein sehr beliebiges Essen

Frustrierend an solchen Restauranterlebnissen ist, am Ende dann doch wieder über 40 € für passables Bier, passables Glas Wein und zwei passable, aber sehr beliebige Essen hinzulegen, wie man sie in ganz Europa bekommt, ohne jede lokale Aussage. Im mittlerweile angeglichenen Preisniveau mag das nicht teuer sein, aber auch nicht günstig. Vor allem aber gehe ich als Ferienwohnungsurlauber nicht ins Restaurant, nur um etwas serviert zu bekommen, das ich mir ohne jede Schwierigkeit für 5 € selber sogar noch etwas besser brutzeln kann.

Als wolle uns der liebe Gott nochmals unter die Nase reiben, wie sehr wir selber schuld sind an diesem Frust, werden wir auf dem Heimweg zu späterer Stunde noch an zwei mittlerweile geöffneten Lokalen vorbeikommen, wo beim Schein von kleinen Holzfeuern die Menschen sich deutlich interessantere Köstlichkeiten aus kleinen Schälchen gönnen.

Granadas Gastronomie ist nicht gerade unser Freund geworden, was aber auch an unserer eigenen Blödheit liegt. Es ist uns einfach nicht gelungen, das Prinzip der Tapas-Bars im Unterschied zu echten Restaurants zu verstehen und entsprechende Orte zum passenden Zeitpunkt zu finden. Selbst der unfreiwillige Versuch endete im Fiasko.

Abenteuer Tapas: Das Risikoprinzip braucht Mut

Aus Fehlern vermeintlich klug geworden, haben wir uns an unserem letzten Abend in Granada dann dazu entschieden, eine dezidierte Empfehlung eines Reiseführers zu erkunden und das "Diamante" auszuprobieren. Die schmale Gasse am Fuß des Realejo ist schnell gefunden, nur das Lokal nicht. Wenn man mit 4 Jahre alten, ebay-ersteigerten Reiseführern operiert, muss man natürlich auch damit rechnen, dass das eine oder andere Lokal schon pleite gemacht hat. Zu meiner Entschuldigung ist zu sagen, dass die von mir schon aus früheren Zeiten als Kunst- und Kulturführer sehr geschätzten Michelin-, jetzt grüne Führer in keiner aktuelleren Fassung erhältlich waren.

Das "Diamante" jedenfalls exisitiert nicht mehr, in der lebhaften Gasse aber reiht sich ein kleines Hotels an das nächste Restaurant. Wir sind, wie immer, müde und hungrig. Auch an diesem Abend nicht mehr willens, eine weitere Empfehlungsadresse gezielt aufzusuchen. Eine der vielen Außenterrassen gefällt uns, weil Heizpilze die nötige Wärme verschaffen, im Inneren ist spanisches Leben erkennbar. Angebotene Tapas sind auf einer Karte gedruckt und, nachdem wir erkennbar Touristen sind, wird diese auch wieder netterweise in einer viersprachigen Version geliefert.

Für viele Tapas gibt es keine Übersetzung oder kein Angebot: Man kann sie nur ausprobieren

Die als Spezialität angebotenen Grill– oder Fischplatten schlagen wir aus. Sie sind auch unübersehbar die teuersten Artikel, und wir sind ja nicht blöd. Mutig widmen wir unsere Aufmerksamkeit den Tapas und versuchen, deren Begrifflichkeit zu verstehen, worin auch das Problem liegt. Tapas sind nicht für uns gemacht, sondern entstehen aus dem lokalen Leben. Deshalb haben sie Namen, deren tatsächlicher Hintergrund auch bei gründlichem Studium eines guten Reiseführers nur schwer zu ergründen ist. Ich wüsste auch nicht, wie ich einem spanischen Touristen Fleischpflanzl, Leberkäs, Obatzda oder Wurstsalat erklären sollte ohne sehr gute Spanischkenntnisse.

Fatal für den Abend ist unsere ursprüngliche Fixierung auf das "Diamante", das als Fischlokal angepriesen war und so können wir von unserem Fischhorizont nicht mehr ablassen. Ich entscheide mich für ein als "Nudeln mit Gambas" übersetztes Gericht, wohl ahnend, dass der Begriff Nudeln übertragen gemeint ist. Lore wählt einen gebackenen Fisch, viersprachig übereinstimmend mit Kabeljau übersetzt, weil sie keine kleinen, Sardinen ähnelnden Fische mit Zahnstochergräten mag.

Als Amuse-Gueule(!) werden ohne Aufforderung zwei kleine Schweinelendchenscheiben auf Baguette serviert, nichts Besonderes, aber gut gegen den ersten Hunger. Dann kommt der Fisch, handspannenlange und höchstens fingerdicke, im Ganzen gebackene Minitierchen. Lores schon vom Hunger nach unten gezogene Mundwinkel sacken quasi auf den Fußboden. Obwohl die Fische gut sind und ich ihr einzelne Fitzelchen auf den hohlen Zahn vorfiliert serviere, sind es eben doch nur einzelne Fitzelchen. Auf dem Fuß folgen die Gambas, wohlriechend in einem noch nach Knoblauch duftenden Schälchen im Fett nachbrutzelnd. Die Nudeln stellen sich erwartungsgemäß als fadenartige Wasserlebewesen heraus, vermutlich Tintenfischtentakel oder ähnliches. Für Lore sind es jedenfalls Würmer und der Abscheu, mit dem sie mich bei der Vertilgung unseres gemeinsamen Abendmahls beäugt, trägt nicht gerade zur Appetitsteigerung bei. Daran können auch die durchaus annehmbaren Fleischspießchen nichts mehr ändern, die wir für sie als Alternative bestellen, nachdem ich nun beide Fischtapas verzehren musste. Die geplante kulinarische Hochstimmung für den letzten Abend in Granada wird sich nicht mehr einstellen.

Letztendlich ein schwerer Fehler aus eigener Blödheit. Diese Mahlzeit war nicht teurer als die im vorher besuchten Touristenlokal, eigentlich um Klassen besser, aber selber vermiest. Tapas sind eben Kleinigkeiten, die auf einen kleinen Teller passen müssen. Wer glaubt, auf diesem Teller ein Kabeljaufilet nach unserer Vorstellung finden zu können, macht sich nur selbst etwas vor. Während man im Restaurant mithilfe des kulinarischen Sprachführers vermutlich noch den Großteil der Karte einigermaßen übersetzen kann, so man die Geduld hat, ist dies beim lokalsprachlich geprägten echten Tagesangebot an Tapas oft nicht mehr möglich.

Lokalkenntnis und eigene Übersicht schützt vor Enttäuschungen

Hätten wir zunächst nur ein Bier bestellt, wäre uns auch aufgefallen, dass die Kellner nach Abendessen fragende Menschen zu einem einige Meter weiter gelegenem Restaurant verwiesen, das zum Haus gehört. Obwohl das Lokal auf Touristen eingestellt war und genügend Spanier ebenso Einlass suchten und fanden, wollte es den Anschein des Abendrestaurants gar nicht erwecken. Gegen Ende des Besuchs lässt der Service auch deutlich nach. An diesem Abend spielt nämlich Real Madrid in der Champions League und im Inneren laufen drei Fernseher.

Zum Zahlen muss ich daher in das innen voll belegte Lokal gehen. An jedem Tisch Pärchen oder Familien, die Frauen etwas verloren drein blickend, die Männer allesamt mit Visier in Richtung nächster Bildschirm, während sie gedankenlos an irgendeinem Backfischteil knabbern. Auf jedem Tisch eine Etagere mit einzelnen, gebackenen Fleisch- oder Fischstückchen. Hier sitzen erkennbar keine Touristen. Das linke Eck des Lokals ist dreieckförmig abgeteilt vor einer umlagerten Bar. In diesem Eck befindet sich die "Küche", eine ganze Wand von Friteusen, und große Hektik.

Hätten wir uns die Mühe gemacht, dieses Innenleben vorher eines Blickes zu würdigen, wäre uns auch klar gewesen, was uns erwartet. Vielleicht hätten uns die Etageren mit Fisch- oder Fleischstücken dazu bewogen, den Empfehlungen zu folgen. Verarscht worden sind wir jedenfalls nicht, wir haben nur einmal mehr nicht genügend auf die Zeichen geachtet und eben auch das Prinzip nicht kapiert. Wer essen gehen will, geht auch hier ins Restaurant. Tapas können tolle Erleuchtungen bieten, aber eben auch Überraschungen. Man kann sich so durchaus gekonnt und günstig durchfressen. Dazu allerdings sollte man entweder der Sprache mächtig sein, oder den Mut zum Sprung ins eventuell auch kalte Wasser aufbringen.

Urlaub in Ferienwohnungen: Selber kochen oder ausgehen?

Der weitere Verlauf des Abends verläuft jedenfalls leicht gereizt. Zugegeben, Granadas Gastronomie kann eigentlich nichts dafür. Und dieses zweite Essen wird uns in längerer Erinnerung bleiben als das erste. Ein Fazit haben wir aufs Neue gelernt: Der geübte Ferienwohnungstourist tut gut daran, keine beliebigen Lokale aufzusuchen in fremden Städten. Das globalisierte Schnitzel ohne Würze kann er sich auch selbst grillen und es wird keinen Deut schlechter schmecken, im Gegenteil. Wegen dieser Ersparnis an Ärger und Geld kann er es sich an den Abenden, so er ausgeht, auch leisten, entweder Empfehlungen oder seinem Bauchgefühl zu folgen, ohne am erwarteten Rechnungsbetrag zu knausern, und wird dafür auch etwas erleben.

Und um der andalusischen Gastronomie die Ehre zu geben, die ihr hier ohnehin nicht abgesprochen werden soll: An positiven Erlebnissen hat es nicht gefehlt. Gefehlt hat es eher uns anfänglich an Erfahrung, Sprachkenntnis und der richtigen Einstellung. Mit diesen ersten Abenden ist es uns immerhin gelungen, schon mal den eat-lag umzustellen und den Horizont fürs Abendessen auf 20:00++ umzustellen, was wenigstens die Auswahl an Möglichkeiten deutlich erweitert. Sowohl an guten Tapas wie auch an Restaurants mit kulinarischer Klasse und besonderem Ambiente hat es im weiteren Verlauf des Urlaubs nicht gemangelt.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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