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Reisebericht zu Andalusien→Nordostandalusien→Sierra de Cazorla

Malerische Bergdörfer und traumhafte Aussichten in Cazorla und seiner Sierra bis Poco Alzon und Segura

Natur und Wanderungen in der Sierra Cazorla

Cazorla, ein malerisches Bergdorf als Tor zur Sierra de Cazorla gefällt uns gut. Unsere Kondition hätte aber nicht ausgereicht, in seinen steilen Gassen eine Ferienwohnung zu beziehen. Die Miradores auf seinen Höhen gewähren aber traumhafte Aussichten auch über den Talgrund mit seinen Wandermöglichkeiten, der trotz touristischer Erschließung immer noch naturnahes Leben und Wohnen ermöglicht.

Schon der erste Blick nach dem Aufwachen nach oben durch die Dachfenster bestätigt unsere gestrigen Befürchtungen. Der Himmel zeigt sich Grau in Grau, zudem weht ein eisiger Wind. Für die Erkundung der Sierra de Cazorla bleibt aber nur der heutige Tag übrig, also vertrauen wir darauf, dass sich auch hier im April alles binnen Stunden oder Kilometern zum Guten wenden kann und machen uns auf den Weg. Bevor wir uns in die verkehrstechnische Einöde wagen, tanke ich den Panda gegenüber unserem Supermarkt am Busbahnhof nochmal voll, Erfahrung macht vielleicht doch klug. "34 Euro 16, Caballero", verlangt die feurige Schönheit an der Tankstelle von mir. Das empfinde ich als angemessene Anrede für mich und fühle mich wie der Held der andalusischen Reiterstaffel vor dem Ausritt. Lore bremst diese Deutung etwas, aber ich nehme es mal als gutes Omen für den Tag.

Bergdorf Cazorla: Malerisch bedeutet autotechnisch auch steil und eng

Cazorla, das Tor zur gleichnamigen Sierra, fahren wir dieses Mal von der nördlichen Umgehung Ubedas aus an. Hier wird immer noch fleißigst gebaut, ein Kreisverkehr im Entstehen reiht sich an den nächsten, was uns beim Rückweg auch leicht aus der Bahn werfen wird. Jetzt brauchen wir nur der Beschilderung zu folgen.

Die Olivenhaine begleiten uns bis kurz vor Cazorla. Mittlerweile wird die Faszination dieser Schachbretter aus Bäumen doch etwas eintönig. Die Vegetation wird aber doch ausufernd grüner, je näher wir dem Ort kommen und auch die eine oder andere reizvolle Hotel- oder Ferienanlage zeigt sich am Straßenrand. Auf Cazorla, das sich nach einer Bergkante in einem kleinen Kessel zeigt, hatte ich mich gut vorbereitet über Streetview-Ansichten und Karten. Das hat sich zumindest hier auch gelohnt. Den etwas versteckten Anstieg vom unteren Ortseingang zum Zentrum finde ich sofort und bin so auch nicht mehr überrascht, wie steil es sofort nach oben geht. Lore, unvorbereitet, krallt sich etwas in den Sitzbezügen fest.

Das Parkhaus unterhalb des Hauptplatzes ist unschwer zu finden, auch wenn es in den Internet-Hilfsmitteln nicht mehr verzeichnet oder sichtbar war. Es beschert den Höhepunkt einer kleinen Achterbahnfahrt. Nach dem steilen Anstieg kurven wir genauso steil wieder bergab, weil sich die Anlage schneckenförmig wieder in den Berg abwärts bohrt, was zu bemerkenswerten Parkplatzanordnungen führt. Für Lore führt das wegen ihres Handicaps zu ernsthaften Problem bergsteigerischer Anforderungen, und wir sind froh, nach einigen Pausen die Plaza de la Constitucion erklommen zu haben.

Eine Ferienwohnung in Cazorla erfordert Kondition, um enge Gassen erleben zu können

Von dort können wir halbwegs horizontal der Calle de Doctor Munoz folgen, der örtlichen "Fußgängerzone", die wir uns aber immer noch mit genügend Lieferverkehr teilen müssen, so dass wir uns freiwillig innerhalb der Poller halten, die dem Fußgänger die mannbreite Schutzzone erhalten. Inmitten eines Bergdorfes haben wir ja auch keine Flaniermeile erwartet, es geht eben eng zu so nah am Hang. Neben Banken und Bekleidungsgeschäften finden wir auch einige Handarbeitsläden, die Lores Interesse erfordern, weil sie bezeigen, dass in diesen Regionen auch noch fast ausgestorbene Techniken wie Klöppeln und Sticken betrieben werden. Eigentlich wird neben vereinzeltem Touristenbedarf alles angeboten, weswegen der Bergbauer einmal monatlich in "die Stadt" reist, und das macht den Ort durchaus sympathisch.

Die Gasse öffnet sich auf den Rathausplatz, der trotz moderner Gestaltung von einigen bemerkenswerten, maurisch geprägten Gebäuden eingefasst ist und wohl auch von den "besseren" Hotels des Ortes. Wären wir im Inneren Korsikas, was sich hier unschwer vorstellen lässt, fehlt nur noch der Bouleplatz in der Mitte. So versammeln sich die Senioren halt so auf ein Schwätzchen und beäugen die fremden Besucher nicht sonderlich interessiert, aber freundlich.

Dahinter werden die Gassen dann richtig eng. Fußgänger müssen tatsächlich in die Hauseingänge zurücktreten, wenn ein Auto Durchfahrt erbettelt, die sich ja ohnehin nur im Schritttempo abspielen kann. Mir fällt auf, dass fast jedes Auto seitlich deutlich eingedellt, mindestens aber zerkratzt ist. Wir erkunden auch noch gerade so weit, dass ich einige Fotos in die engen Gassen schießen kann und wir einen Ausblick auf die Ruine der Iglesia de Santa Maria erhaschen, von wo aus man wieder zur den Ort überragenden Burg spazieren könnte.

Das wäre aber sogar meiner angeborenen Faulheit zu viel, für Lores Kondition ein Ding der Unmöglichkeit. Der Blick reicht aber, um zu erkennen, dass hier einige der im Internet besichtigten Ferienwohnungen live zu sehen sind, manche weisen auch mit Schildern an den Fassaden auf sich hin. Wie der direkt zu unseren Füssen liegende, größere Parkplatz anzusteuern wäre, erschließt sich nicht einmal von hier mit direkter Sicht. Natürlich ist das kein weltbewegendes Problem, man muss halt einmal hinfinden, das gilt für alle Bergorte dieser Welt. Für uns selbst erkennen wir aber: So malerisch der Ort tatsächlich ist, eine hiesige Wohnung hätten wir nicht erschnaufen können.

Beim Rückweg zum Auto gucken wir noch den Cafégästen auf die Tische und stellen fest, hier gibt es immerhin schon ausgewachsene kleine Paprikapaellas mit Gamba als Tapa statt simpler Oliven. Für Geburtstagskindergibt es fantasievoll gestaltete, kleinteilig aus einzelnen Elementen zusammengesetzte Torten. Ansonsten aber ist Lore froh, nach dem Rathaus nur noch bergab gehen zu müssen und alle restlichen Steigungen dem Automotor anvertrauen zu können.

Die Miradores auf der Passhöhe von Burunchel: Aussicht und Versprechen auf verschiedenste Wohn- und Wandermöglichkeiten

Das macht der auch brav und schraubt sich über einige Serpentinen an La Iruela und Burunchel vorbei den Berg hinauf. Auch hier passieren wir einige Objekte, die ich daheim am PC bereits studiert habe, wie auch reichlich andere Wohnmöglichkeiten, die in der virtuellen Welt noch nicht beheimatet sind. Alle genießen selbstverständlich eine spektakuläre Aussicht auf die Hügellandschaft von Baeza und Ubeda und die Ausläufer der Sierra de Segura und müssen nicht über enge Dorfgassen angesteuert werden, aber die vollkommene Bergeinsamkeit muss man natürlich auch mögen.

Die genießen wir jetzt jedenfalls in vollen Zügen. Dank der auch hier etablierten Beschilderungspolitik der Naturschutzbehörde werden wir rechtzeitig auf den nahenden, ersten Mirador auf der Passhöhe aufmerksam gemacht und können den Panda ganz in Ruhe am Straßenrand parken. Ein kurzer Fußweg führt uns zu einem Balkon, der von ganz oben westwärts schaut. Mittlerweile zeigen sich überall Sonnenfetzen auf der olivenbestandenen Hügellandschaft unter uns, während über uns sich die Bussarde in die Höhe schrauben. Unser Hausgebrauchs-Feldstecher reicht nur für stilles Staunen, aber wahrscheinlich könnte man bei klarer Sicht von hier bis Cordoba schauen.

Einige Autometer weiter unten wird schon der nächste Mirador angekündigt, der sich als richtiger Steinbau mit Denkmal für einen verdienten, hiesigen Naturschützer präsentiert. Er zeigt den Blick auf das, was uns jetzt erwartet: Der Talgrund der Sierra de Cazorla e Segura, wo der Guadalquivir entspringt und sich seinen Weg sucht nach Sevilla und dann in die Donana nördlich von Cadiz, also unseren Erwartungshorizont für diesen Urlaub an der Quelle darstellt. Das gefällt mir.

Südlich, also in der Wurzel dieses gewaltigen Tals, sind einige Wanderwege über- und unterhalb einer deutlichen Felswand zu erkennen. Das muss Pozo Alcon sein, das wir heute über eine als sehr malerisch, aber auch sehr eng beschriebene Bergstraße nicht mehr anfahren können. Direkt unter uns liegt Arroyo Frio. Schon mit dem Fernglas ist unschwer zu erkennen, was den Ort ausmacht: Einige ganz große Hotelanlagen mit dem Swimmingpool im U-förmigen Zentrum, um das herum sich die Wohnanlagen gruppieren, einige kleinere Komplexe außen herum, und ganz außen kleine, aber deutlich touristisch motivierte Häuser sozusagen am Rand des Lebens.

Naturnahes Wohnen trotz Tourismus und Urlaubsregion in der Sierra de Cazorla y Segura

Genau so werden sich die wenigen Ortschaften im Tal auch darstellen. An der Hauptstraße kleinere Hotels, vor allem aber Restaurants, Bars und kleine Geschäfte. In den wenigen abführenden Straßen im Hintergrund oder einzeln in der Wildnis mit haciendaähnlichen Einfahrtgittern die höhersternigen Objekte. Ab und zu werden wir auch den einen oder anderen Campingplatz am Fluss passieren, die einerseits durchaus naturnah gelegen sind, oft aber auch den zumindest äußerlichen Eindruck eines Pfadfinderlagers kaum verhehlen können.

Die wenigen Agglomerationen wie Chapparal oder Cotos Rios machen schon deutlich, dass ihr einzig verbliebener Daseinszweck touristisch motiviert ist und angeblich durchfahren wir gerade eine der beliebtesten heimischen Urlaubsregionen für Spanier und weniger ein Naturschutzgebiet. Einige schwer ausgebaute Picknickplätze ähneln auch tatsächlich mehr großen Münchner Biergärten, selbst wenn sie jetzt verwaist sind.

Schon die serpentinige und enge Abfahrt vom Mirador in den Talgrund zeigt aber auch bemerkenswerte Stille, so dass der Park diese einzelnen Schwerpunkte des Tourismus gut vertragen kann. Nicht umsonst ist fast die gesamte Staatsstraße durch die Sierra de Cazorla mit einer Tempo-40-Beschränkung versehen. Auch wenn sie gut gepflegt ist, gibt es hier nirgends eine Rennstrecke, sondern zwei Autos passen überall gerade so aneinander vorbei. Ab und zu vergesse auch ich diese Beschränkung und werde bei plötzlich aufkommendem Gegenverkehr wieder zu Aufmerksamkeit gemahnt. Schnelligkeit ist hier jedenfalls nirgends das Gebot der Stunde, wo man fast pausenlos durch dunkle Kiefernwälder eingehüllt ist.

Eher tastend und staunend schleichen wir also durchs baumbestandene Tal zum Torre del Vinaigre, das sich unerwartet mit seinen großzügigen Parkflächen nach einer Kurve vor uns öffnet. Hier wollen wir nach Möglichkeit eine der beliebtesten Wanderungen der Region unternehmen, den Sendero Rio Borosa.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Ein Freilichtmuseum andalusischer Renaissance

Höhepunkt der Besichtigung Ubedas ist die Capilla Sacra de Salvador, Kleinod der Renaissance. Danach prassen wir noch in Baezas Spezialitätenläden

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Am Rio Borosa zur Elias-Schlucht wandern

Vom Torre del Vinaigre führt eine traumhafte Wanderung im engen Flusstal zur Klamm unter den Gipfeln der Sierra de Cazorla

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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