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Reisebericht zu Andalusien→Nordostandalusien→Baeza Sierra de Cazorla

Vielversprechende Aussichten am Tranco de Beas auf Badefreuden und weitere Wanderungen

BadefreudenWanderungen Sierra Segura

Der Stausee Tranco de Beas zeigt schon von weitem wie bereits von oben aus dem Flugzeug seine Qualität für Wassersportaktivitäten und Badefreuden, besticht aber vor allem durch sein Panorama unterhalb der umgebenden Bergketten. Wir vermuten hier weitere Highlights für Wanderungen, können diese aber nur noch per Feldstecher auskundschaften. Die leicht abenteuerliche Rückfahrt nach Baeza wird mit einem reizvollen Nachtspaziergang abgeschlossen.

Als wir bei der Rückfahrt vom Rio Baroso zur Landstraße wieder am Torre Vinaigre ankommen, hat das Centro Visitantes bereits wieder geöffnet. Angesichts der schönen Landschaftsbilder, die wir genossen haben, wäre es durchaus reizvoll, hier noch mehr über Entstehung und Umfeld in Erfahrung bringen zu können oder sich in dem kleinen, angeschlossenen botanischen Garten in Ruhe anzuschauen, woran wir möglicherweise vorbei getrabt sind. Nachdem wir aber gerade erst im Zenit unserer Rundfahrt angelangt sind, die Sonne bereits immerhin, aber schon spätnachmittäglich strahlt und die Schuhsohlen leicht rauchen, verzichten wir und fahren direkt weiter in Richtung Tranco de Beas. Das versäumte Wissen können wir auch später in den ausführlichen Broschüren der andalusischen Naturschutzbehörde nachsehen.

Die offensichtlichen Badefreuden am Tranco de Beas bleiben uns verwehrt, das Panorama nicht

Die A 319 windet sich weiter in leichten Schwingungen durch die Wälder, bis irgendwann rechts unter uns der Südzipfel des Stausees sichtbar wird. An einem ersten aus groben Steinquadern errichteten Mirador halten wir an und genießen die weite Aussicht. Von hier aus ist es kaum zu glauben, dass dieser Stausee mit der beim Hinflug von oben gesehenen, riesigen Wasserfläche identisch sein soll.

Direkt vor uns liegt eine weite Marschlandschaft, deren Einsamkeit durch ein einzelnes, alleine weidendes Pferd noch unterstrichen wird. Gegenüber, hinter einen kleinen Insel, zieht sich in geschwungenen Linien das Westufer hin, hier noch zum Greifen nahe mit einem deutlich erkennbaren Uferweg, der zum Baden einzuladen scheint. Um ihn zu erreichen, hätten wir aber bereits noch mitten im Wald in Richtung Llanos de Arance abbiegen müssen, wie die auch hier ausgestellte Karte zeigt. Nach hinten zieht sich der tiefblaue See weit in Richtung der Gebirgsketten der Sierra Segura zurück, wo er auch hinter den Kämmen verschwindet.

Obwohl unser mitgeführtes Equipment entsprechend der Planung auf Wandern ausgerichtet ist und angesichts der Witterungsbedingungen bei Abfahrt auf Winter, bettelt Lore um einen schönen Badeplatz am See, der sich ja auch anbieten würde. Genügend waldige Buchten sind schon auf Sicht zu erkennen. Von hier aus erscheint mir aber der Weg zum Ufer zu lang und die dortige Szenerie zu flach und ungeschützt.

Im weiteren Verlauf windet sich die Straße in weiten Kurven aber immer näher und weiter vom Ufer entfernt durch die Pinienwälder, ohne jemals wirklich den See zu erreichen. Immer wieder werden die zum See hin gerichteten Kurven von den monumentalen Einfahrten größerer Hotels gekrönt anstelle von Zufahrten für das Publikum zum See. Deutliches Geschrei und abgestellte Schulbusse lassen aber darauf schließen, dass hier der Wassersport durchaus eine Heimat hat.

Nachdem ich aber ein paar Mal zu oft darauf vertraut habe, in der fahrerisch eintönigen Abfolge der waldumsäumten Kurven keinen Gegenverkehr anzutreffen und deshalb zu plötzlichen Brems- und Ausweichmanövern gezwungen werde, gebe ich die Aufmerksamkeit für das Seeufer auf und beschließe, es für heute genug sein zu lassen. Die vorgeschlagenen Routen der meisten Reiseführer beinhalten noch eine weitere Nordschleife entlang des Sees bis Segura mit Besichtigung der dortigen Bergdörfer. Wir werden uns auf die eigene Impression von Cazorla beschränken.

Wanderaussichten über dem Tal des Guadalquivir beim Panorama des Stausees Tranco de Beas

Als unvermittelt das Stauwehr von Tranco de Beas vor uns auftaucht, sind wir zwar überrascht, aber schon entschlossen. Wir haben einige Minuten Zeit, weil die rote Ampel die Überfahrt über die Staumauer verweigert, mit der wir gar nicht gerechnet hatten. Noch ein Erlebnis mehr, quasi über den See fahren zu können. Am anderen Ende fahren wir aber nicht mehr am Seeufer weiter in Richtung Hornos und Segura, sondern biegen gleich links ab und folgen dem Guadalquivir in Richtung Villanueva. Morgen wird er uns ja auch weiter nach Sevilla leiten.

Die hier beginnende A 6202 windet sich in engen Kehren durch das tief eingeschnittene Flusstal. Auch hier wieder rechtzeitig hingewiesen steuern wir noch einen letzten Mirador an, der von oberhalb auf das Stauwehr und den See blickt. Das sieht schon ziemlich erhaben aus. Die eigentliche Sensation für mich liegt aber in unserem Rücken, ein im Sonnenlicht fast herausfordernd spiegelnder Weg steil den gegenüber liegenden Berghang hinauf. Erst beim Blick durch den Feldstecher wird deutlich, dass es sich nicht um eine Straße, sondern einen gepflasterten Steig handelt, der auf das Plateau oberhalb des Stausees führt, ähnlich ausgeführt wie der Camino Real, der Königsweg auf Gran Canaria. Lore fühlt sich schon an ihre Alptraumstraße auf Madeira erinnert und ist, weil sie mich kennt, deutlich erleichtert, dass eine Befahrung mit dem Auto offensichtlich nicht möglich ist.

Da kommen jetzt wieder meine Sehnsüchte an die Oberfläche, weil ich mich an ein Foto von der Panoramasicht über den See von dieser Stelle aus erinnere. Aber wie schon Lores Badegelüste zuvor müssen wir solche Vorstellungen für heute ad acta legen und uns darauf beschränken, eine kleine Notiz für weitere Besuche im Kopf zu behalten. Im Verlauf der Straße nach Villanueva werden wir aber noch mehrere Talorte durchfahren, die ganz reizvolle Ausgangspunkte für Wanderungen ins Gebirge wie auch für einen kleinen Urlaub am Fluss zu bieten haben und ganz offensichtlich sogar zur Sommerzeit noch nicht vom Tourismus überschwemmt werden.

Die kleine Stichstraße zum Mirador führt uns zurück zur A 6202, wo wir die Vorbeifahrt eines Autos mit französischem Kennzeichen abwarten. Dem werden wir bis Ubeda folgen, was vor uns wahrscheinlich Anflüge von Verfolgungswahn auslöst, wie wir uns jedenfalls so ausmalen. Der Kolleg/in vor uns sorgt unsererseits für stressfreies Fahren, weil er der eigenen Reisegeschwindigkeit entspricht, entgegenkommende LKWs selbst abfangen muss und hinter uns drängelnde, einheimische Schnellfahrer verantwortet, deren halsbrecherische Überholmanöver wir dann wenigstens nicht auf unsere Kappe nehmen müssen.

Abenteuerliche Ortseinfahrt nach Baeza von Norden über La Yedra

Leider verlässt uns der heimliche Freund, als wir nach langweiliger Fahrt über die autobahnähnliche Straße durch gesichtslose Städte ab Villanueva Ubeda erreichen. Immerhin konnten wir von diesen Höhenlagen aus auch noch die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada sehen und damit fast alle der uns bisher bekannten andalusischen Gebirge in einem Panorama vereinen.

Weniger Gipfelsinn und mehr Verfolgungszwang wären aber besser gewesen, denn der Franzose hat die Beschilderung wohl besser interpretiert als wir. In dem Baustellengewirr um Ubeda landen wir plötzlich auf der Straße nach Linares nördlich von Baeza. Von La Yedra aus geht es aber genauso nach Baeza wie über die Schnellstraße, nur dass Traktoren dort wegen der unübersichtlichen toskanischen Hügel nicht überholt werden können und Geduld erfordern. Ich erinnere mich an die in Italien damals überall aufgestellten Warnschilder, die zwei Scheinwerfer über einer Hügelkuppe zeigten mit der Aufschrift "Fine del Viaggio" und verzichte zu Recht aufs Überholen.

Jetzt kommen wir natürlich in einem Ortsteil Baezas an, den wir noch nie gesehen haben abgesehen vom Blick aus unserer Dachmansarde in der "Casa del Seise". Hier sind wir im eigentlichen Ortsgebiet gelandet, wo die arbeitenden Menschen wohnen und wir können nur dem Gefühl einer Richtung folgen, weil man beschilderungstechnisch hier offenbar weniger mit Touristen rechnet. Getreu der Devise, irgendwann immer auf bekannte Punkte zu treffen, trudeln wir im Verkehrsstrom mit, finden auch einen fälschlicherweise als bekannt erachteten Kreisverkehr und landen dann dennoch mit der Wegweisung "centro" über enge Stadtgassen urplötzlich an der kantigen nördlichen Zufahrt der Placa del Popolo.

Ein Nachtspaziergang mit Einsicht in Digitalfotografie durch Baezas Altstadt

Während des Abendessens bei hausgebratenen Schweinelendchen an Tomatenreis machen wir uns bewusst, einen ziemlich spektakulären Tagesausflug verbracht zu haben, den wir vielleicht nicht durch Nachbesuche weiter ausbauen können. Das führt bei mir im Verbund mit Nikotinentzug zu einer kurzen Panikattacke, möglicherweise irgendetwas noch nicht gesehen zu haben und ich mache mich auf den Weg zu einem stillen Nachtspaziergang durch Baeza. Lores Jäger– und Sammlervirus ist zwar ebenso ausgeprägt, bezieht sich aber nicht auf touristische Erfahrungen sondern auf ihre eigenen Rezeptoren, und die sind für heute aufgefüllt, so dass sie es vorzieht, die Ruhe vor dem Umzug in die nächste Wohnung zu Hause zu genießen.

Bewaffnet mit meiner Digitalkamera für Blöde wandere ich durch die menschenleeren Gassen. Alle Paläste und die Kathedrale sind schön angestrahlt, das gelbe Licht taucht alles in eine freundliche, aber etwas entrückte Atmosphäre. Wie immer wirken die dunklen Gassen hinter den großen Plätzen noch geheimnisvoller, noch mittelalterlicher. Ich genieße es schon, hier entgegen sonstiger Gewohnheiten mitten in der Stadt zu wohnen. Nach mehreren, unbefriedigenden Ergebnissen beschäftige ich mich sogar mit den Optionen meines Fotoapparats. In der Altstadt führt das sogar zu echten Fortschritten, die überwältigende Nachtsicht vom Balkon auf die schwachen Lichter der Dörfer in der Sierra Magina kann er aber dann doch nicht mehr in Pixel bannen.

Das "El Sarmiento", mein eigentlich bevorzugtes Restaurant für unseren Ankunftstag, wäre sogar noch geöffnet gewesen und macht, jetzt hell erleuchtet, gar keinen schlechten Eindruck. Auch die Speisekarte erscheint auch mit einem angebotenen Tagesmenü von 17€ sehr ambitioniert, es sitzt nur niemand drin. So genannte Geheimtipps müssen wohl auch und gerade in Orten wie Baeza auf die Touristen warten, und die sind zumindest jetzt noch etwas rar.

Der beschauliche Abschluss einer Stippvisite in Nordostandalusien krönt sich bei der Bettgehzigarette in meiner Dachgaube. Irgendeine ohne Vorwissen nicht erkennbare Grundspannung löst sich urplötzlich, als ein Fußballspiel zu Ende geht, vermutlich durch Elfmeterschießen, nachdem es jetzt schon auf Mitternacht zu geht. In kleiner Jubelstrom löst sich jedenfalls aus den mir zu Füßen liegenden Gassen und vom Gelände der entfernteren Polizeiakademie werden Leuchtspurgeschoße abgefeuert. Ich habe gegen ein kleines Abschluss feuerwerk zum Abschied nichts einzuwenden und gehe zufrieden ins Bett. Morgen geht es nach Sevilla, dem andalusischen "Highlight", dem wir bei unserer ersten Reise nicht mehr näher kommen konnten. Während ich dem Leuchtspurfeuerwerk zusehe, bin ich mir gar nicht so sicher, ob nicht die kleinen Dinge wie das hiesige Kleinstadtleben fern der tobenden Küste mehr Andalusien sind als die Sternebewertungen der Reiseführer.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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