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Reisebericht zu Madeira→Camara de Lobos→Estreito Sonntagsmarkt

Selbstversorgung in Calheta: Farbenpracht auf dem Bauernmarkt und Grundeinkauf im Supermarkt

Selbstversorgung Bauernmarkt Farbenpracht

Den ersten Urlaubstag widmen wir der Grundversorgung unseres jungen Haushalts. Wo der Termin so günstig liegt, besuchen wir erst den sonntäglichen Bauernmarkt in Estreito de Camara de Lobos und freuen uns an der Farbenpracht des Angebots an Obst und Gemüse. Den Grundbedarf decken wir im großen Supermarkt von Ribeira Brava, die restlichen Feinheiten und Suchtmittel in den malerischen Gassen des Orts. Dann gibt es den berühmten Eintopf aus der Jagdbeute mit Atlantiksicht auf der Terrasse.

Wegen der erwähnten anfänglichen Orientierungsprobleme verfranzen wir uns ziemlich im Straßengewirr um Quinta Grande und müssen erst einen kleinen Umweg um das berühmte Cabo Girao fahren, ein Muss auf dem Besichtigungskalender. Um noch etwas vom Marktgeschehen mitzubekommen, verschieben wir diesen Punkt aber auf später. Von hier aus führt aber die Beschilderung einigermaßen deutlich den Hang hinauf nach Estreito, wo es jetzt richtig gebirgig wird. Dieses Dorf ist praktisch schon in den Steilhang zum Hochgebirge hinein geklebt. Auch wenn hier "unten" das Wetter noch erträglich ist, nach oben hin begrenzen dicke Nebelwolken die Aussicht wie ein Deckel auf dem Topf.

Farbenpracht und Vielfalt auf dem sonntäglichen Bauernmarkt in Estreito Camara de Lobos

Nachdem wir in einer ersten Runde durch den ganzen, jetzt mittäglich ziemlich belebten und bis in die Ausfallstrassen zugeparkten Ort gefahren sind, sehen wir ein, dass wir uns doch des Parkhauses bedienen müssen, wenn wir dem Marktbesuch nicht eine kleine Bergtour voranstellen wollen. Von den angekündigten Ständen auf den Straßen ist zwar nichts (mehr) zu sehen, aber es geht markttagmäßig zu in dem verwinkelten Dorf. Man führt sein Sonntagsgewand aus, ratscht an allen Ecken und Enden und legt seine Einnahmen in der Bar an, vor denen sich um die Kirche herum die Menschentrauben bis über den Randstein hinaus gruppieren. Jedes vorbei fahrende Auto außer unserem hupt und wird lärmend begrüßt. Wie sich herausstellt, ist die in den Hang gehauene Garage unter dem Centro Civico auch nicht teurer als die Benutzung der parkscheinpflichtigen Außenplätze überall und verfügt dafür über einen nagelneu gewienerten Turnhallenboden, auf dem die Reifen so richtig quietschen, als wolle man mit dem Auto Basketball spielen.

Mittlerweile ist es aber doch Mittag geworden und in der Markthalle gleich daneben beginnen die Verkäufer leider bereits mit dem Abbau ihrer Waren, die ausschließlich aus Obst und Gemüse bestehen. Mit Marmelade, Wurst und Käse wird es also nichts. Auf der oberen Galerie des in zwei Stockwerken nach unten in den Hang wachsenden Gebäudes residiert zwar eine Metzgerei, aber dort einzukaufen erscheint uns für den Anfang zu kompliziert. Zwei weitere, kleine Ladengeschäfte mit Lebensmitteln lassen wir links liegen, denn schon hier oben locken weiter hinten die Stände mit Obst und Gemüse. Jetzt können wir auch ins Tiefparterre schauen. Auch wenn hier bereits Aufbruchsstimmung herrscht, ist das Bild auf die in den Kisten angebotenen Früchte, Gemüse, Kräuter und Obstsorten noch farbenfroh genug, um lustvoll auf Entdeckungsreise zu gehen.

Wir unterstützen also die lokale Bauernschaft nach Kräften und lassen uns einpacken, was an Eintopf und Vitamin C erinnert oder unsere Neugier erweckt, weil wir es nicht kennen. Tatsächlich verlassen wir mit 2 prall gefüllten Tüten verschiedenster Produkte die Markthalle und haben gerade mal 8 Euronen hingelegt, darunter Avocados, uns unbekannte Stachelkürbisse, englische Tomaten, die sich als Maracujas entpuppen, Anonas, Kartoffeln, radiartige Kleinkohlrabis, ein Blumenkohl, Paprika, Zwiebeln, ein Bund Kräuter, von dem wir hoffen, er möge unserer Vorstellung von Petersilie nicht nur optisch entsprechen und verschiedene Einzelstücke an uns unbekannten Obstsorten.

Sonntagsmesse und erste Sonnenterrasse in Estreito de Camara de Lobos

Wenige Meter bergauf steht auf einer Kuppe die Kirche mit ummauertem Vorplatz, die hinaufführende Treppe ist mit farblich abgesetzten Blütenblättern sehr dekorativ geschmückt. Mittlerweile sind die Diskussionsforen um die Bars herum schon etwas kleiner geworden. Das könnte auch daran liegen, dass wir an der scheinbar gerade zelebrierten Hl. Messe teilhaben dürfen, weil sie über Lautsprecher auf den Kirchenvorplatz übertragen wird. Jetzt begreife ich auch, warum ich heute Morgen von Muezzins geträumt zu haben glaube. Im benachbarten Arco de Calheta gibt es natürlich auch eine Kirche und möglicherweise habe ich die dortige Morgenmesse in meine Träume inhaliert.

Die Bedeutung der blau-roten Dekoration des Kirchplatzes erschließt sich uns leider nicht mehr. Ganz alltäglich scheint sie nicht zu sein, denn an ihr wird jetzt wieder geschäftig gezupft und ausgebessert. Wir tanken noch etwas vom Bergdorfleben, verstauen dann unsere Einkäufe im Auto und machen uns auf die Suche nach einem stillen Örtchen, dessen Lore jetzt dringlich bedarf.

Ein Espresso in der Markthallenbar erscheint uns als zweckmäßiges Mittel, um Zugang zu einem solchen zu finden. Der Espresso heißt hier Bica und braucht sich nirgends hinter dem italienischen zu verstecken. Er ist auch überall erfreulich günstig, sogar im Sitzen, mit Bedienung am Tisch. Aus den erwähnten Notdurftgründen hätten wir uns den allerdings sparen können, weil Lore auch so in die öffentlich zugänglichen Toiletten der Markthalle geschickt wird. Aber gerade bricht kurz die Sonne durch das Grau über uns, so dass wir die bleichen Gesichter anwärmen können. Währenddessen wird die Halle zugesperrt.

Für den ersten Urlaubstag macht es aber einen schönen Empfangseindruck, wenigstens für eine halbe Stunde Wärme im Gesicht zu verspüren und den Abspann des Markttages zu verfolgen. Kinder toben, Bedienungen laufen, man begrüßt und verabschiedet sich, als gäbe es kein morgen. Binnen kürzester Zeit leeren sich jetzt aber die anfangs gut besuchten Tische um uns herum und die vielen Besucher verlassen geschwind den Ort. Dasselbe tut alsbald auch die Sonne, so dass auch wir zum Parkhaus zurückkehren. Dort herrscht gähnende Leere und im Ort ist völlige Ruhe eingekehrt.

Wie in der Großstadt: Supermarkt am Rand von Ribeira Brava und kleine Läden und Boutiquen im Ortskern

Jetzt werden wir noch eine zweite Empfehlung aus der Vorrecherche im Internet ausprobieren, den Supermarkt in Ribeira Brava. Der ist schnell gefunden im Industriegebiet oberhalb des Ortes, kurz bevor es hinter einem kleinen Tunnel in die Berge geht. Von außen eher unscheinbar, verfügt er zumindest über beträchtliche freie und kostenlose Parkflächen. Innen aber oho, ein Traumsupermarkt für den Ferienwohnungsurlaub. Alles da, dreimal so groß wie in Calheta, sogar hoffentlich ungesalzene Butter gibt es. Riesige Frischwarenabteilungen für Fisch, Fleisch, Gemüse und Backwaren gibt es, dazu dasselbe noch mal abgepackt in den Regalen für sprachliche Blödis, wie wir leider welche sind. Sogar die gestrigen Probleme mit der abendlichen Kerzenbeleuchtung wegen des starken Windes können wir durch Ankauf entsprechender Billiggläser lösen. Wunderschöne Lachssteaks lachen uns an, aber die holen wir uns lieber frisch, wenn wir sie direkt nach dem Einkauf in die Pfanne werfen können. Auch ohne die verlassen wir das Lokal mit einem Einkaufswagen voller Plastiktüten, genügend Getränken, interessantem Käse, Marmelade unübersetzbaren Inhalts, Nudeln, Öl, unserem Grundhaushalt eben.

Nur das Zigarettenproblem hat sich noch nicht wirklich lösen lassen. Am Automaten gibt es immerhin kurze Marlboros, und dass man diese jeweils durch einen Wink vom Personal freischalten lassen muss, haben wir ja in Barcelona schon gelernt. So gelingt es immerhin, eine Notschachtel für mich zu ergattern.

Wo wir schon mal in der Gegend sind, machen wir noch einen kleinen Abstecher ins Dorf Ribeira. Bisher haben wir ja nur die zweispurigen Zubringerstrassen zwischen Autobahn von Funchal und Küstenstraßentunnel nach Ponta do Sol gesehen, die beiderseits des breiten, zu einer Betonwanne gemauerten Flussbetts verläuft. Das sieht eher hässlich aus, vor allem, weil es ja immer leer ist. Dass nur wenige Wochen nach unserer Abreise hier bei einem Unwetter dermaßen gewaltige Wasser- und Schlammlawinen herunterrauschen werden, dass sogar dieser riesige Graben weit überflutet wird, kann man sich auch rückblickend gar nicht vorstellen.

Sobald wir am Ende des Grabens im Kreisverkehr zur Fortsetzung der Uferpromenade hin abbiegen, entpuppt sich das Dorf im Kern als nettes und belebtes kleines Örtchen mit engen Gassen und kleinen Geschäften, die natürlich auf die Bedürfnisse von Touristen eingehen. Direkt an der Uferstraße kommen wir jetzt aber auch noch zu Postkarten, Briefmarken und weiteren Zigaretten sowie zu warmen Socken für daheim. Was gleich zu haben ist, soll man nicht aufschieben, erinnert sie mich, weil ich erst noch durch die Gassen streunen will. Langsam lernen sogar wir aus den unlustigen Selbsterfahrungen früherer Urlaube. Daneben gibt es auch hier eine kleine Markthalle, in dessen Innenhof sogar jetzt noch eine Krippe aufgestellt ist, eine Fraktion davon sogar mit lebenden Tieren.

Experimentaleintopf aus unbekannten Gemüsen der heutigen Jagdbeute mit himmlischer Aussicht von der Terrasse des Beach Studios

Die Hoffnung, auf der Terrasse unserer Ferienwohnung dem Meerblick noch ein paar Sonnenstrahlen hinzufügen zu können, erfüllt sich leider nicht, aber ansonsten genießen wir einen stillen Nachmittag. Natürlich erst, nachdem wir unsere gesamten Einkäufe in mehreren Gängen über die steile Außentreppe in unser Studio geschafft haben, was an Anstrengung einer mittleren Bergtour gleichkommt. Lore bekommt zum Nachmittagsschläfchen sogar noch ein Akkordeonkonzert geliefert.

Ich schreibe derweil diese Zeilen mit ruhigem Blick über die Weiten des Atlantiks, das Rauschen des Windes im Ohr, der durch die Bananenstauden unter uns fährt. Am Abend zerwürfeln wir unsere Beute und kochen uns einen kräftigen Gemüseeintopf. Die kleinen, radiartigen Gewächse schmecken etwas langweilig, die kürbisartigen Chou-Chous wie Kohlrabi umso besser (dafür verkochen sie aber nicht so gut wie der Rest). Insgesamt aber ist unser Ferienhausklassiker, Eintopf aus heimischen, möglichst unbekannten Gemüsen, immer wieder ein Genuss.

Das hiesige Abendprogramm beim nächtlichen Starren aufs Meer ist nicht ganz so spannend, wie es letztes Jahr in Gran Canaria war. Die Disco mit wechselfarbig beleuchtetem Swimming-Pool ist natürlich kaum zu toppen. Dafür ist es wesentlich ruhiger, wenn auch kühler, und die Madeirenser schicken uns immerhin doch ein Fischerboot vorbei. Eine Sternschnuppe wie gestern bleibt allerdings ein Unikat.

Unsere restlichen Schätze können wir erst zum morgigen Frühstück ausprobieren: Die kleinen Käselaibe aus Cabra (Kuh) und Morrelino (Schaf) munden uns vorzüglich. Glücklicherweise waren die entsprechenden Zeichnungen darauf abgebildet, so dass wir diese Begriffe jetzt kennen und für diesen Urlaub ausschließen können, dass die arme Lore verhasste Ziegenmilch zu sich nehmen muss. Die Marmelade aus "Arborio" mit ganzen Mandeln drin ist zwar sehr süß, aber auch ausgezeichnet. Leider lässt sich auch auf Brot nicht erkennen, was Arborio ist, es schmeckt etwas nach Apfelstrudel. Die chorizoähnliche Wurst ist erwartungsgemäß so fett, wie sie aussieht, und bleibt mir wohl alleine. Wir werden sie letztendlich nicht mal zur Brotzeit mitnehmen, aber irgendein Fehlgriff muss ja dabei sein.

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Nach Besichtigung Calhetas Nachbarort Prazeres fahren wir entlang der Küste in den Nordwesten. Wandern fällt aus, Baden im Naturschwimmbecken wäre jedoch sehr reizvoll.

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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