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Im Centro Interpretacion Castillo de Segura

Reisebericht zu AndalusienNordostandalusien → Sierra de Segura

Centro Interpretacion Castiilo de Segura

Hoch über dem Ort und schon von weit her zu sehen liegt die Burg auf einer Felsspitze über Segura. Den steilen Fußmarsch dort hinauf kann Lore nicht bewältigen, und so mache ich mich alleine zu einer Besichtigung des Castillo auf den Weg. Die Lebensszenen aus dem Mittelalter sind gut gemacht und gemeint, schließlich handelt es sich um ein Centro Interpretacion. Auch hier besticht aber hauptsächlich das atemberaubende Panorama vom Nordturm und den Wehrgängen.

Am späten Nachmittag kehren wir von der ausgiebigen Rundreise durch die Sierra de Segura zurück. Lore legt sich etwas zur Ruhe. Ich aber nehme meinen selbst auferlegten Auftrag als Reiseberichterstatter ernst und will noch auf die Burg hinaufsteigen. Bis 19:00 hat sie geöffnet, so dass mir noch zwei Stunden bleiben. Die will ich ausnutzen, zum Abendessen können wir ohnehin erst ab neun Uhr schreiten.

Steiler Aufstieg zur Burg über Segura

Die Huertos de la Segura, in denen wir unsere Zelte aufgeschlagen haben, liegen ja schon am oberen Ende von Segura. Aber selbst von hier aus ragt das Kastell noch ziemlich weit über uns hinauf. Zumindest die Hälfte dieser Höhenmeter spare ich mir und fahre mit dem Auto zum Parkplatz des Centro Interpretacion hinauf. Gleich hinter der merkwürdigen Stierkampfarena biegt die Pflasterstraße zum Berg hin ab. Sehr bald ist der Parkplatz an der dorfabgewandten Seite der Bergspitze erreicht. Hier kommt auch der Spazierweg an, auf dem man von unserem Apartment aus eine kleine Umrundung unternehmen kann.

Der Pflasterweg führt weiter hinauf zur Festung und die Schranke wäre auch offen. Aber die "Durchfahrt verboten"-Schilder schrecken mich schließlich doch ab. Ich lasse den Corsa rückwärts wieder zum Parkplatz rollen und setze ihn dabei einmal sanft auf Grund, er hat es aber ohne Murren überstanden. Der Aufstieg zieht sich schon etwas. Die Aussicht auf das umliegende Bergland und Segura unter mir mag zwar entschädigen, aber Aussicht hatte ich ja schon den ganzen Tag. Am Ende hat unser Herbergsvater Anton wohl recht gehabt: Es hätte kaum jemanden interessiert, wenn ich diese Auffahrt noch mit dem Auto bewältigt und einen der oberen Parklätze für das Personal besetzt hätte. Notfalls hätte ich eben oben gewendet oder hätte mit Lores Behindi-Karte gewedelt.

Ihr hätte es aber wenig genutzt. Oben angekommen habe ich neben neuer Aussichtsperspektiven eine weitere Auswahlmöglichkeit. Die Burg trotzt immer noch über mir allen Annäherungsversuchen. Entweder steige ich eine in den Berg gebaute Stufenkonstruktion von 80 Treppen hinauf oder folge einer weiteren Steinrampe, natürlich mit derselben Höhendifferenz. Also kurzes Verschnaufen und dann über die Direttissima endgültig hinauf.

Am Castillo de Segura sind keine Schlangen am Eingang zu befürchten

Am Eingang angekommen, muss ich erst mal gründlich ausschnaufen. Es dauert auch etwas, bis die Concierge mich entdeckt und ihren Platz einnimmt. Bis dahin bin ich wieder sprechfähig und muss jetzt auch meine kaum vorhandenen Spanischkenntnisse ausgraben.

Bevor ich mein Ticket bezahlen darf, muss ich erst einmal Rede und Antwort stehen, wo ich herkomme und wohne. Bis ich das begriffen habe, dauert es einige Momente, ich wollte ja schließlich nur hinein. Dann werden wir uns aber schnell einig und ich bekomme fürsorglich einen Audioguide zum Umhängen in die Hand gedrückt. Ich hasse diese Geräte zwar, will aber die neue Freundschaft nicht durch Unhöflichkeit aufs Spiel setzen. Es folgt noch ausführliche Demonstration, wie ich die englische Version einstellen kann, dann bin ich zur Besichtigung entlassen.

Der Innenhof Plaza de Armas ist menschenleer, auch sonst treibt sich außer der Kleinfamilie, die mir beim Aufstieg so mitleidig zugelächelt hatte, niemand herum. Das spanische Paar, das am Parkplatz die Aussicht bewundert hatte, wird später noch heraufkommen. Man kennt sich schnell unter Touristen, die die Sierra Segura besuchen.

Hinter mir verschwindet die Concierge wieder im angrenzenden Museumsladen bzw. dem Refektorium, den sie wohl auch mit betreut und bereitet ihn auf die nächste Kundschaft vor.

Der museale Auftrag wird ernst genommen im Centro Interpretacion Castillo de Segura

Neben der Lage beeindruckt natürlich besonders der gute Erhaltungszustand der Anlage, in der Provinz Jaén oder auch im Vergleich zur berühmten Alcazaba der Alhambra von Granada eher eine Seltenheit. Ich folge einfach dem intuitiven Weg und betrete die arabischen Bäder gleich gegenüber, die einzig verbliebenen Zeugen der maurischen Ursprünge. Aber auch hier braucht es schon Fantasie, sich diese Ursprünge vorzustellen. Da finde ich die Bäder in Segura selbst wesentlich eindrucksvoller.

Aber hier wird man dem Anspruch eines Centro Interpretacion, also dem musealen Auftrag gerecht. Die vielen Erklärungstafeln fordern mich heraus, meinen Audioguide mal auszuprobieren, wo ich ihn schon mit mir herumschleppe. Die meisten Geschichten über Aufbau und Funktion arabischer Bäder kenne ich aber schon und starte deshalb nebenher auch mal die angebotene Videodokumentation. Auch hier gibt es ausführliche Filmchen über andalusische Geschichte verbunden mit den Geschehnissen in der Sierra. Jetzt habe ich den Teufel natürlich herausgefordert und muss den Überfluss an parallelen Sinneseindrücken abbrechen. Sie sind aber durchaus gut gemacht, nur kenne ich die meisten schon und besinne mich jetzt auch auf mein Zeitfenster.

Auch im Nordturm und am Ende des Appellplatzes im Zentrum des Kastells sind Szenen aus dem Burgleben nachgestellt und erläutert. Manchmal wirkt es etwas arg bemüht, aber insgesamt kann man sich schon einen Eindruck verschaffen vom Leben in engen Mauern unter Belagerungszuständen, die hier ja keine Seltenheit waren. Ich denke, gerade auch Kinder können hier schon einen anschaulichen Abenteuernachmittag verbringen.

Besonders gut gefällt mir die schnörkellose , stille Kapelle. Mangels Angebot an kulturhistorischer Sensation wurde hier im Altarraum die Abendmesse der christlichen Tempelritter des hier ansässigen Santiago-Ordens nachgestellt. Da kann man sich gemütlich hinsetzen und einen Spielfilm über das mittelalterliche Kreuzritterleben zusammenträumen.

Die Aussicht auf das Bergpanorama der Sierra Segura bleibt Besichtigungsgrund Nr.1

Die eigentliche Sensation liegt aber auch hier in der Lage. Über die Wehrgänge, Türme und Zinnen der Burg zu spazieren verschafft einen grandiosen Ausblick auf die gesamte Umgebung in allen Richtungen. Hier kann ich in Ruhe nochmal mit meinem Audioguide spielen und mir einige Details anhören.

So hat der Wasserturm durchaus militärgeschichtliche Bedeutung. Er war wohl einer der ersten, der als Riesenzisterne auch lange Belagerungen überstehen half. Auch die ursprüngliche Ausbreitung der gesamten Anlage mit vielen Erweiterungen lässt sich aus dem Überblick von oben ganz gut nachvollziehen.

Meine einzigen Mitbesucher ziehen sich bereits zurück, ich habe mal wieder mein Handy daheim zurückgelassen, um Gewicht zu sparen, bin also zeitlos, aussichtsmüde und langsam hungrig. Ich werde jetzt die Concierge ihren Feierabend machen lassen.

Beim Abstieg kommen mir zwar doch noch zwei Spätbesucher entgegen. Das bestärkt mich aber nur in der Befürchtung, noch weit von der Schlußstunde 19:00 entfernt zu sein, was bedeutet, dass ich mich noch länger auf das erwartete Abendessen gedulden muss.

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© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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