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Ein veträumtes Burgenland empfängt uns nach Bewältigung der Baustellen unter Baeza

Reisebericht zu AndalusienNordostandalusien → Sierra de Segura

Segura de laSierra, spektakuläre Ansichten schon bei der Anreise

Die Anreise in die Sierra de Segura gerät überraschend nervtötend. Wir hatten eigentlich eine fertig gestellte Autobahnverbindung zwischen Jaén und Ubeda erwartet, stattdessen empfängt uns noch immer das Gewirr an Baustellen und Umleitungen. Schließlich empfängt uns der nur auf den ersten Blick unscheinbare Ort Puerta de la Segura als wahres Tor zum Naturpark. Dahinter aber eröffnen sich auf einen Schlag die echten Urlaubsperspektiven.

Mit doch leichter Wehmut verabschieden wir uns von Granada. Die Berge der Sierra Segura werden uns sicherlich ein Kontrastprogramm bieten, wie es deutlicher kaum ausfallen könnte. Wir verstauen also unser Gepäck und werfen den Schlüssel wie vereinbart in den Briefkasten.

Der erwartete Kontrast betrifft natürlich auch die Einkaufsmöglichkeiten in eher einsamer Bergwelt. Also steuern wir zunächst wieder unser Lieblings- Einkaufszentrum am Rande der Umfahrungsautobahn in Pulinanas an. Danach sind auch die Rücksitze mit Taschen voller Bier, Wein und auch anderen Grundnahrungsmitteln wie Nudeln, Reis, Zwiebeln etc. gefüllt. Was man halt in Erwartung einer zweiwöchigen Rundreise so braucht.

Baustellengewirr um Baeza und Ubeda ist kein Zuckerschlecken und Fortschritt ist nicht erkennbar

Natürlich habe ich mir wie immer von Googles Karten und Streetviews bei der Planung der Anreise helfen lassen und fühle mich gut gerüstet. Baeza und Ubeda haben wir ja bereits 1½ Jahre zuvor angesteuert und freuen uns darauf, jetzt den Lohn für damals unwillig erduldete Mühen des Autobahnbaus entlang der Strecke einzukassieren. Bis Jaén genießen wir auch die gewohnt friedliche Reise auf einer wenig befahrenen Autobahn, die sich auch tatsächlich wie erhofft nach der Abzweigung in Richtung Baeza entsprechend fortsetzt.

Doch schon nach wenigen Kilometern wird die Illusion abrupt zerstört. Teile dar Grundtrasse der geplanten Autobahn haben sich als Sandformation mittlerweile fast bis Jaén vorgearbeitet, wirklich befahrbar sind gerade mal zwei Kilometer. Das hat zur Folge, dass man in einem ständigen Wechsel zwischen alten Landstraßen, Notpisten neben der erkennbaren zukünftigen Autobahn und provisorischen Kreiseln, die das Chaos regeln sollen umher kurvt, alle paar Meter unterbrochen von den obligatorischen Stolperschwellen vor der nächsten Notumleitung. Am schlimmsten ist es unterhalb Baezas, wo die Schnellstraße eigentlich schon damals praktisch fertig war. Heutzutage ist eine nur noch wirrere Notumfahrungslinie um das fast fertiggestellte Asphaltband hinzugekommen. Es nervt.

Auf der Rückreise werden wir erleben, dass die Nordumfahrung der Zwillingsstädte zur Anbindung bei Linares immerhin schon fast fertig ist, das wäre wohl die entspanntere Variante gewesen, Umweg hin oder her.

Das Winken zu schönen Erinnerungen fällt also nicht so euphorisch aus, wie wir uns das vorgestellt hatten. Erst hinter Ubeda ergibt sich überhaupt die erste Möglichkeit, mal rechts ran zu fahren zwecks Brotzeit- und Zigarettenpause, und das auch nur wegen meiner Ortskenntnis aus dem Ausflug nach Cazorla und in die Sierra. Leicht konsterniert mampfen wir unsere Pausenbrote zwischen den ebenfalls pausierenden LKWs und bestaunen den brausenden Verkehr auf der N 322, der uns noch bis weit hinter Villacarillo begleiten wird. Dort hätte ich mir eigentlich gerne die Iglesia de Asuncion angeschaut. Vandelvira, der hiesige Papst der Renaissance-Architekten, hat dort damals zumindest begonnen, die Pfarrkirche auf Resten der ursprünglichen Burganlage zu errichten. In Erinnerung an die Experimente damaliger Zeiten wie in der Mezquita von Cordoba hätte ich da gerne mal ein Auge drauf geworfen. Jetzt will ich aber nur noch im nächsten Zuhause ankommen. Gerade Villacarillo nervt den Autofahrernoch speziell, weil hier sogar die Außenumfahrung der Bundesstraße alle zwanzig Meter von Fußgängerampeln versperrt wird. Da vergeht mir jegliche Lust, auch noch ins Innere des Ortes vorzustoßen.

Puerta de la Segura: Nach der Passage dieses echten Tors zur Sierra öffnen sich die Aussichten

Nach Passieren des nächsten Orts, Villanueva, entspannt sich die Verkehrslage aber merklich. Anscheinend haben wir die zentralen Wirtschaftsbereiche im Nordosten Andalusiens hinter uns gelassen. In Villanueva waren wir bei unserem letzten Besuch vom Stausee Tranco de Béas kommend wieder in die Zivilisation zurückgekehrt, und schon diese Strecke war an landschaftlicher Schönheit kaum zu überbieten, dachten wir.

Jetzt aber geht es ja nicht um Staunen, sondern um effiziente Reisewege. Der kürzeste Weg zumindest in die nördlichen Bereiche des Naturparks führt über Puente Genave und den deshalb so benannten Ort Puerta de Segura, also das Tor zur Segura. Den hab ich mir auserkoren, wurde ja von unserem nächsten Wirt Anton auch empfohlen. Touristische Sonderwege wie über Beas de Segura können wir uns ja noch für den Rückweg aufsparen.

Puerta de Segura empfängt uns zunächst so wie viele andalusische Orte, leicht mexikanisch anmutende Bauten entlang der Landstraße. Am Ortseingang packen wir gleich die Gelegenheit beim Schopfe und füllen mal den Benzintank auf. Das war auch ganz weise. Natürlich fahren wir jetzt nicht gerade in die Wüste Sahara und Tankstellen gibt es auch in der Sierra zumindest an den größeren Orten. Es schadet aber auch nicht, die aktuelle Reiseplanung plötzlich nach der nächsten erreichbaren Tankstelle ausrichten zu müssen wie damals in Montefrio. Der volle Tank wird jedenfalls für unsere Besichtigung des Naturparks ausreichen.

Am östlichen Ende des Ortes wird es dann etwas schluchtig. Der Rio Gudalimar hat sich hier tief nach unten gegraben und auch von der Straße aus ist zu sehen, dass es da unten ganz gemütlich ausschaut. Bei meinen Recherchen für Wikivoyage habe ich gelesen, dass dort auch ein Markt abgehalten wird. Für den ist es jetzt sowieso zu spät, und unsere erste Priorität liegt jetzt beim Erreichen des Reiseziels. Eine eventuelle Besichtigung verschieben wir also auf später.

Auch die wird allerdings leider ausfallen. Bei der Rückreise werden wir tatsächlich Puerta de Segura nochmals passieren. Dann aber findet hier das Dorffest statt und so gerne wir endlich mal so ein Event gesehen hätten, auf Reisetagen mit einem Kofferraum voller Gepäck müssen wir erneut verzichten.

Schon die Anreise über Orcera bietet spektakuläre Ansichten

Gleich hinter der Ortsgrenze von Puerta de Segura beginnt deutlich beschildert der Naturpark und wir erreichen die Abzweigung nach Süden in Richtung Hornos. Auf den Hügeln im Hintergrund zeichnet sich deutlich sichtbar schon von hier eine massive Burganlage ab. "Da müssen wir hin", erkläre ich meiner Frau. Eigentlich mehr im Scherz, ich habe höchstens meine Landkarten im Kopf und keinerlei Überblick. Es könnte jede der vielen Burgen sein, die in diesem Gebiet noch stehen.

Auch die Abzweigung nach Orcera finden wir sofort und kurz vor Erreichen dieser verwaltungstechnischen Hauptgemeinde (die wahre Hauptstadt der Segura ist natürlich Segura, sagen die Segurer) stellen wir fest: Zumindest optisch haben wir unser Ziel tatsächlich erreicht. Ich gewinne Punkte im Bereich Anfahrtskompetenz. Ich kann Lore zeigen, wo ich unsere zukünftige Residenz vermute, sehe aber, wie es hinter ihrem Gesicht arbeitet. Die Lage auf der Bergspitze schaut tatsächlich spektakulär aus und sie fragt sich, wie wir dort hinaufkommen sollen. Aber mit frischen Pluspunkten beschränke ich mich auf ein optimistisches Lächeln, hab es ja auf Googles Streetview schon mal inspiziert.

In Orcera leisten wir uns einen kurzen Verfahrer. Pluspunkte machen schnell überheblich, ich fahre natürlich nach meiner Erinnerung und folge daher erstmal der Hauptstraße durch den ganzen, geschäftigen Ort, bis mir am anderen Ende ein streunender Hund erklärt, dass eine offenbar östliche Richtung den falschen Ausgang darstellt. Das anstehende Wendemanöver gerät kompliziert, weil sich das Tier so aufregen muss über unsere Falschfahrt und ich es tunlichst nicht überfahren möchte. Schließlich aber finden wir die richtigen Abzweigungen gleich am Ortseingang. Freundlicherweise wird Anton wenig später bestätigen, dass sich hier praktisch jeder verfährt, weil die Beschilderung durch tiefhängende Äste unsichtbar geworden ist (eben!).

In langen Windungen schlängelt sich jetzt eine zwar schön neue, aber schon ziemlich enge Straße Richtung Segura. Ich bin Bergstraßen aus Korsika, Gran Canaria und auch von hier durchaus gewohnt. Nach hunderten von Autobahnkilometern muss man sich aber doch erst wieder umgewöhnen. Die Straße ist eben gerade so breit genug für zwei Autos, vor allem aber wie überall in Andalusien hochgesetzt, zu beiden Seiten begleitet einem statt des gewohnten Banketts also ein Graben, mit dem man zumindest keine Bekanntschaft schließen möchte. Wir lernen so also schnell von Neuem, dass die Reisegeschwindigkeit in der Sierra sich auf 50 Stundenkilometer beschränkt. Natürlich ist das kein Schaden, wir sind ja auf Aussichtsurlaub, aber etwas Umstellung erfordert es schon.

Gemütlich tuckern wir dahin, erreichen die Abzweigung nach Hornos und schrauben uns dann in langen Kehren durch grüne Wälder aufwärts nach Segura de la Sierra. Schon hier können wir fleißig staunen über die nach jeder Kurve wechselnden Ansichten der umliegenden Bergwelt. Dann tauchen die ersten Häuser und die Hinweistafel auf den Campingplatz auf. Wir haben unser zweites Etappenziel erreicht.

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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