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Reisebericht zu Andalusien→Sevilla→Mairena Apartment Aljarosol

Ferienwohnung in der Vorstadt von Sevilla: Residencial Aljarosol in Mairena

Vorstadt Sevilla Apartment

Wir beziehen unsere Ferienwohnung im Residencial Aljarosol in Mairena, von wo aus wir per Metro Sevilla besichtigen wollen. Gastfreundliche Aufnahme ist schön, eine gut ausgestatte und intelligent eingerichtete Ferienwohnung, die jede Form der Selbstversorgung ermöglicht, aber selten. Damit hatten wir gar nicht gerechnet und wundern uns umso mehr über ansehnliche Urlaubsmöglichkeiten in der Trabantenstadt um die Metrostation Cavaleri.

Das Apartment im Residential Aljarosol hatte ich auf einer Seite gefunden, die wohl die spanische Variante von Kleinanzeigen für Vermietungen wiederspiegelt. Die auf den größeren Portalen angebotenen Ferienwohnungen waren mir allesamt entweder zu teuer für das Angebot, mit Parkschwierigkeiten in der Innenstadt Sevillas verbunden oder aber, wenn schön, insgesamt zu weit draußen auf dem Land. Dieses Angebot erschien unter allen Gesichtspunkten am Günstigsten und auch ohne Rückversicherung eines Vermittlungsportals vertrauenswürdig. Der Kontakt mit José Coines war schnell hergestellt und wurde nach Überweisung der Anzahlung professionell, zügig und hilfsbereit abgewickelt.

Apartment im Residencial Aljarosol: Ruhig, modern und intelligent eingerichtet

Gleich hinter dem Garagentor findet sich auch schon die Eingangstür unseres Apartments. Wir konnten ja als einzigen Anhaltspunkt die Häuserfront in Google Streetview besichtigen und hatten uns bereits gefragt, wo darin unsere Ferienwohnung wohl versteckt sein könnte. Auch wenn es uns erst später deutlich werden wird: Wir wohnen in dem Bereich, in dem sich in den anderen, natürlich grundrisstechnisch gleich gestalteten Reihenhäuschen dieser Siedlung die eigentliche Garage mit angeschlossenem Hobbykeller befindet. Das klingt finster, ist es aber nicht.

Joségeleitet uns in die großzügige Wohnküche, die hell und freundlich wirkt, weil das ehemalige, innere Garagentor jetzt eine einzige Fensterfront ist. Sein Englisch ist ebenso mittelmäßig wie meines, was wir ja bereits in den email gegenseitig gestanden hatten, aber für die Grunderklärungen reicht es allemal. Außer der Bedeutung des Schlüsselsatzes, einer für das äußere Garagentor, einer für die eigentliche Türe, beides freundlicherweise doppelt, falls Lore und ich getrennte Wege gehen sollten, ist alles offensichtlich. Ich bemerke eine gewisse Grundspannung und will daher die unangenehmen Formalitäten gleich erledigen.

Joséfreut sich, glaube ich, die Frage der restlichen Vorauszahlung der Miete nicht von sich aus ansprechen zu müssen, was ihn mir sympathisch macht und auch zeigt, dass wir hier nicht bei den abgebrühten Wohnungsvermietern gelandet sind, sondern bei Leuten, die sich vielleicht gerne und intelligent ihren Alterswohnsitz durch einen kleinen Zuverdienst mitfinanzieren. Die Quittung war schon vorbereitet ausgedruckt auf dem Kühlschrank gelegen und ist gleich unterschrieben. Obwohl wir die nächsten fünf Tage direkt unter seinem Fußboden wohnen, werden wir keine Sekunde in unserem eigenen kleinen Reich gestört sein, obwohl wir jederzeit anklopfen könnten, falls es Probleme gäbe. Das wird nicht der Fall sein, und so sehen wir uns erst zur Abreise wieder und sogar da fragt er höflich erst per SMS nach, wann wir die Rückübergabe abwickeln wollen.

Gastfreundliche und überlegte, zweckmäßige Einrichtung im Aljarosol bietet jede Möglichkeit zur Selbstversorgung

Allein gelassen, machen wir uns mit unseren neuen Gegebenheiten vertraut. An der Fensterseite beherrscht der Küchentisch den Raum, groß genug für 6 Personen, an der Wand daneben die Küchenzeile. Ein Ceranfeld mit 4 Platten und Abzugshaube, Mikrowelle, Toaster, Sandwichmaker und Ofen mit Drehspieß dürfte auch meinen gehobenen Ansprüchen an Kochmöglichkeiten genügen, selbst wenn eines der Ceranfelder zumindest von uns nicht in Gang zu kriegen ist. Die Ausstattung mit Stabmixer, Stampfer und vielen weiteren Details zeigt eine Hausfrau mit Überlegung, was sie selbst benötigen könnte, wenn sie selbst hier eine Woche eine Familie zu bekochen hätte. Sogar eine Kaffeemaschine mit Einsatzfilter findet sich wundersamer weise. Unsere Möglichkeiten zur Selbstversorgung liegen jedenfalls an der oberen Grenze dessen, was wir an Ferienwohnungsausstattung so gewohnt sind. Auch die kleinen Freundlichkeiten wie Grundbestand an Salz, Zucker, einigen Teebeuteln und einem Päckchen Kaffee beweisen uns, dass hier Überlegungen zur Bewirtung mehr Gewicht haben als pure Hoteldenke.

An der gegenüberliegenden Wand steht noch eine Bettcouch, die wir trotz überraschend vorhandener Garderobe zur Kleiderablage benutzen, daneben ein kleiner fernsehtauglicher Bildschirm mit diversen DVDs, wofür wir ohnehin keine Verwendung haben. Wer aber zum Fernsehen nach Sevilla kommt, hat hier eher schlechte Karten.

Hinter der Küchenzeile wird der Raum zur Hälfte abgeteilt, davor steht noch der große Kühlschrank samt Eisfach. In der Abteilung befindet sich das Bad, ansprechend gefliest, zweckmäßig eingerichtet mit einer riesigen Duschkabine. Auch hier wieder, Handseife, Kleinigkeiten, alles da. Am Ende sozusagen des Souterrains zwei separate Schlafzimmer mit bequemen Doppelbetten und großen Kleiderschränken, natürlich finster, weil jetzt im hinteren Bereich, wo nur noch zwei kleine Lüftungsschlitze nach außen führen. Nachts ist mir das aber wurst, wegen meines zunehmenden Schnarchens werden Lore und ich diese getrennten und doch so nahen Betten als die schönsten Nächte des ganzen Urlaubs in Erinnerung behalten.

Mit vier Personen kann man es hier also sogar noch ganz gut aushalten, zu sechst gerät das Wohnen wohl mehr zum geschützten Zeltlager. Zu Zeiten der Settimana Santa oder der Feria de Sevilla mag man das vielleicht noch ertragen, weil ohnehin selten hier. Zu zweit aber haben wir Platz und Freiraum reichlich bei hervorragender Ausstattung. Dass wir eigentlich in der Garage wohnen, haben wir erst viel später bemerkt.

Auf der "Terrasse" hätte es uns natürlich auffallen können. Sie besteht aus dem Platz zwischen dem eigentlichen Tor und unserer Fensterfront und ist vielleicht drei Meter breit, auch wenn sie sich die gesamte Grundfläche hinzieht. Für einen Tisch, zwei, drei Stühle und sogar eine Sonnenliege bleibt aber genügend Platz und die Westseite garantiert sogar entsprechende Bescheinung zu jedem Essen. Die Aussicht beschränkt sich halt auf das äußere Garagentor und die dahinter liegende Siedlung, deren Leben aber für eine geborene Neugierige wie meine Frau immer noch interessant genug ist. Rechts führt eine kleine Steintreppe zu den Vermietern, deren Terrasse und Lebensmittelpunkt aber zur anderen Straßenseite geht, so dass dieser Flecken ein zwar enger, aber durchaus eigener und gemütlicher Lebensmittelpunkt werden kann. Aussicht muss man sich eben bei seinen Ausflügen verschaffen, leben lässt es sich dagegen ausgesprochen gut. Das in Baeza bereits erlebte Abendtheater von Schwalben, Finken und Fledermäusen wird hier jedenfalls genauso aufgeführt, hinzu kommen die Sprünge und Verrenkungen der Hauskatzen, die sich gottlob vergeblich daran beteiligen möchten.

Einkaufen im Ortszentrum an der Metrostation Cavaleri in Mairena de Aljarafe

Dieses Leben möchte ich jetzt gleich mal austesten, während Lore unsere Grundeinrichtungen tätigt. Die bisher rätselhaft gebliebene Metrostation Cavaleri haben wir ja bereits bei der Herfahrt gefunden, die darum gruppierten Läden und Bars hatte ich schon im Streetview gesehen. Jetzt will ich wissen, wo ich hier lebe und zumindest die Grundsätzlichkeiten für heute Abend Bier und Wein betreffend unter Dach und Fach bringen.

Die schon bei der Einfahrt in die schmale Ringstraße dieser Siedlung bemerkte Kneipe hilft da nicht weiter. Semmeln, Brot oder andere frische Frühstücksartikel scheint es hier nicht zu geben, hier versammeln sich wohl wirklich nur die Männer zum Fußball feiern, wenn ihre Frauen besseres zu tun oder schauen haben. Ich gehe also die wenigen Schritte zum "Centro Aquatico" und bewege mich damit hinaus aus der geschützten Zone des Residencial in die wilde Welt. Die ist tatsächlich wild, denn die paar Meter entlang der Straße in Richtung Metrostation zeigen schon andere Sitten. Links und Rechts gibt es nach den Außenfronten des Residencial nur noch Schulen und Kindergärten, was in meinem jetzt erwartungsvoll aufgeschlossenen Zustand durchaus lustig ist. Straßen und Fahrbahnränder teilen sich nur gestresste Mütter, die ihre jeweiligen Sprösslinge von entsprechenden Einrichtungen abholen wollen, einparken müssen oder Deals in zweiter Reihe aushandeln. Ich komme mir vor wie zu Winterzeiten, wenn ich meine Frau zu widrigen Witterungszeiten von ihrem Arbeitsplatz abholen muss. Nur jetzt habe ich nix mit zu tun und kann gut grinsen.

Das Grinsen vergeht mir jedoch. Ich muss tatsächlich den ganzen Weg zur Plaza de Cuba zurücklaufen, wie wir ihn beim Herweg auch gefahren sind. Sogar die vor Augen liegende Abkürzung für Fußgänger hinter dem riesigen Parkplatz neben dem Schwimmbad wird mir durch einen massiven Maschendrahtzaun verwehrt. Davor gerade mal ein von schreienden Kindern umlagerter Imbiss neben dem "Centro Aquatico".

Letztlich sind es also zehn statt der versprochenen fünf Minuten, bis ich die Plaza de Cuba in Mairena erreiche (in Sevillas Triana gibt es nämlich auch eine). Riesige Wohnblocks türmen sich über mir auf, vor mir reihen sich kleine Pavillonstraßen aneinander. Ich fühle mich deutlich an die Trabantensiedlung von Fürstenried-West aus meiner Abiturzeit erinnert. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich in den Pavillons Kneipe an Kneipe reiht, von denen jetzt zur Siesta gerade mal eine geöffnet hat.

Gerade aus diesen Erinnerungen heraus bleibe ich aber hartnäckig und finde daher auch tatsächlich hinter dem weiß kaschierten Pavillon des Metroeingangs das eigentliche Geschäftszentrum mit Supermarkt, Apotheke und Wäscherei, das hier schlichtweg sein muss. Für unsere Grundbedürfnisse reicht das völlig, nur an Roséwein für Lore herrscht offenbar Knappheit, auch nach ausgiebigem Durchstreifen der mittlerweile in ganz Europa gleichen Sonderangebotsregale. Für einen Rucksackeinkauf muss es eben heute auch mal ein Rotwein tun, etwas Schinken und Toast für Frühstück angesichts fehlender Bäckerei, meine paar Bierflaschen sind eh da. Ich bin ganz zufrieden, auch wenn dieser Einkauf später zu den ersten gravierenden Meinungsverschiedenheiten dieses Urlaubs führen wird.

Ich bin stolz zufrieden, auch mit Rucksack und per Pedes unsere Notwendigkeiten erjagt zu haben. Sie wird jedoch später, beim zweiten von mir mit Entdeckerbewußtsein präsentierten Besuch dieses Supermarkts feststellen, dass es durchaus auch französische Roséweine in der Preisklasse von 5€ gegeben hätte. Im Vergleich zu einem bodenständigen Rioja zu 2€ liebt sie diese zwar nicht sehr, moniert aber trotz sonstigem Sparbewußtsein, ich wäre für diese Alternative zu geizig gewesen. Obwohl sie Recht hat, fühle ich mich hier wegen ihrem sonstigen Spardenken unangemessen behandelt, noch dazu persönlich geschleppt zu haben führt zu längeren Beleidigtheiten. Da ist es schon hilfreich, wenn sogar hinter dem Garagentor die Sonne scheint und plötzlich jeder merkt, wo die Schwerpunkte liegen: Urlaub, Neues, Entdecken. So machen wir es jetzt. Die Siesta ist mittlerweile fast vorbei. Wir fahren ein erstes Mal nach Sevilla um zu schauen, was Sache ist. Sollten wir was Schönes finden, werden wir dort auch zu Abend essen.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Metrofahren in Sevilla bequem aber schwierig

Zur Bewegung in Sevillas Nahverkehr gibt es gute Alternativen zu Bus, Tram und Metro, das Tarifsystem ist nicht leicht zu überschauen.

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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