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Reisebericht zu Andalusien→Sevilla→El Arenal Plaza Mayor

Überblick vom Espacio Parasol und Barockprunk in San Salvador: Gemütlicher Ausklang einer Woche in Sevilla

Andalusien Sevilla Plaza mayor

Alt und neu können in Sevilla ganz nah und spannend beieinander sein, das zeigt sowohl die Calle Sierpes wie auch der Espacio Parasol. Hinzu kommt der per Lift erreichbare, grandiose Ausblick über Stadt und Umland. Am Ende bekomme ich noch eine gute Portion Prunkbarock, verstärkt durch mystische Lichtspiele in der Iglesia San Salvador ab, bevor wir in Mairena an den Ausklang dieser Tage denken müssen.

Frisch gestärkt und auch neu motiviert durch die unerwarteten Beispiele höchster maurischer Baukunst im Alcazar wollen wir uns zum Abschied nochmal Sevilla von oben anschauen. So bekommt Lore als Ergebnis meiner gestrigen Gewalttour am Ende noch ein rundes und versöhnliches Bild der andalusischen Hauptstadt präsentiert, das ihr ja beim ersten Eindruck noch sehr stressig vorgekommen war.

Tradition und Moderne sind unfreiwillige Zwillinge auf der Plaza Mayor und in der Calle Sierpes

Den Weg zur Plaza Mayor nehmen wir natürlich über die Calle Sierpes, damit Lore neben Kultur auch noch etwas Shopping-Eindrücke für die Seele mitnehmen kann. Noch haben wir die Siesta nicht ganz überbrückt, aber die Andenkenläden und großen Kaufhäuser sind bereits geöffnet. Während Lore stöbert, bleibt mir genügend Zeit, die Geschäftsstruktur dieser Lebensader des Konsums zu betrachten. Während ich an der Mauer eines der vielen neu erstandenen, sehr modernen Filialhäuser lehne, beobachte ich gegenüber die Auslage eines altehrwürdigen Juweliergeschäfts, das bestimmt in ewiger Familiendynastie betrieben wird. Die goldverbrämten Schriftzüge sind betagt, aber keineswegs abgebröckelt, die halbhohen Vorhanggardinen im Schaufenster stammen aus den fünfziger Jahren. Ich muss nur aufpassen, meine ausgiebige Betrachtung beginnt die Sicherheitsdame gegenüber langsam offenbar nervös zu machen.

Genauso findet sich aber entlang der ganzen Calle Sierpes dieser charmante Mix aus überkommenen Familiengeschäften und hochmodernen Filialkaufhäusern, die auch nicht mit neuen Ideen geizen. Um die Wachdame des Juweliers nicht weiter zu reizen, verziehe ich mich lieber nach innen, um mir dort eine Männerparke zu suchen. Die ist sogar schon vorbereitet in Form von bequemen Sofagruppen, beleuchtet von ulkigen Lampenkonstruktionen, die in von der Decke abgehängten alten Blecheimern versteckt sind. Auch in kreativen, modernen Filialen von Modeketten kann man absolut neue Formen der Innenarchitektur finden, die auf ihre Weise den Ideen unserer Vorfahren im großen sevillaner Mittelalter kaum nachstehen, nur dass sie halt nicht so historisch sind.

Der nächste Meilenstein der Moderne Sevillas folgt natürlich mit dem Parasol an der Plaza Mayor. Die Marktstände im Untergeschoss sind leider immer noch oder schon wieder geschlossen, und die Folklorestände vor den dunklen Fensterfronten finden jetzt nicht so unser Interesse. Markttreiben ist eben ein Vormittagsgeschäft, ob an touristischen Brennpunkten oder nicht. Aber dieser Versuch, alt und neu architektonisch neu zu verbinden, begeistert Lore genauso wie mich schon gestern.

Für sie bietet die Möglichkeit, Sevilla von oben per Lift besichtigen zu können, auch noch ganz neue Perspektiven. Gemütlich wackeln wir auf dem Kopf des hölzernen Blätterdachs umher und genießen einen letzten Blick auf die Dächer der Stadt und ihr Umland, das wir morgen verlassen werden. Der einzige Wermutstropfen fällt auf das Ärgernis, dass es nicht gelingt, trotz hochmodernen Verkehrsleittafeln eine öffentliche Toilette zu finden. Dafür bekommt die offenbar in allen Sprachen dieser Welt bewanderte Ticketkönigin am Ground Floor eine Eins mit Stern für ihre Bemühungen, wirklich jedem in seiner Sprache zu erklären, wo er sich befindet und welches Bauwerk er im Begriff ist, zu erklimmen. Hoffentlich wird sie ihrer Qualifikation entsprechend bezahlt und muss nicht hier ihre Fähigkeiten als Praktikantin verschleudern, weil sonst in Spanien gerade keine Stelle als Dolmetscherin zu vergeben ist.

Barock wie ein Faustschlag: Iglesia de San Salvador

Der Rückweg führt uns an der Iglesia de San Salvador vorbei. Hier hatten wir bei unserem ersten Rundgang den Platz noch als gigantisches Fußballstadion wahrgenommen. Jetzt sind die Meisten wohl wieder im Büro verschwunden, jedenfalls schwirren ebensoviele Tauben herum wie damals Menschen. Ganz fanatische freiberufliche Tierpfleger haben eigene Landeplätze für die nervigen Vögel markiert, auf denen sie deren Fütterung quasi zelebrieren. Ein Markusplatz wird es dennoch nicht werden, die meisten auf den Stufen um die Plaza El Salvador sitzenden Touristen reagieren eher verschreckt auf die Fluggeschwader, anstatt sie fotogen zu füttern.

In meiner Hemdtasche liegen aber immer noch die Eintrittskarten der Kathedrale, die für die Kirche einen zusätzlichen, freien Eintritt beinhaltet haben. Da packt mich doch der Touristengeiz, und für umsonst lasse ich mir einen letzten Kulturbeitrag für diesen Sevilla-Urlaub nicht entgehen. Lore hat genug und schaut sich derweil das Treiben auf dem Platz von den Stufen aus an. Die etwas gelangweilt wirkende Einlasswärterin lässt mich mit einem kurzem Blick auf das verwelkte Ticket anstandslos hinein.

Hier empfängt mich der Hardcore-Barock wie ein Faustschlag. Es glänzt und goldet und wabert und stuckt von allen Seiten. Wo im Hospital de la Caridad noch einzelne Figurengruppen eine kontemplative Konzentration geschaffen haben, wimmelt es hier dermaßen von Engeln, Goldschrauben und Putten, dass es einem schwindlig werden kann. Erst auf den zweiten Blick fällt die Figur des leidenden Jesus im Seitenaltar auf, für die diese Kirche zu Recht gerühmt wird.

Allerdings wird mir ein besonderes Glück zuteil. Jetzt fällt die tiefstehende Nachmittagssonne durch die Portalfenster ein und wirft einzelne, gezielte Lichtbahnen auf Ausschnitte des Altarbilds, so dass dieses neben der güldenen Grundstruktur in partielle Teile von Purpur und Metallicblau verwandelt wird. Wie mit einer Schwarzlichtlampe werden so jeweils einzelne Elemente aus der eher düsteren, rotgoldenen Hintergrundstimmung hervorgehoben. Das wirkt schon faszinierend mystisch und wäre den Versuch wert, öfters um diese zeit hierher zu kommen. Vielleicht steckt da ja ein Plan des Baumeisters dahinter, wie im Kinofilm einzelne Elemente nacheinander herauszuheben.

Das werden wir nicht mehr herausfinden. Für dieses Jahr war das unsere letzte Besichtigung in Sevilla. Die Metro bringt uns heim nach Mairena.

Abschied von Mairena del Aljarafe und dem Residencial Aljarosol

Dort verbraten wir unsere Reste an Bohnen und Kartoffeln mit frischen Koteletts, morgen geht schließlich der letzte Reiseabschnitt los, das Wiedersehen mit Conil. Kurze Panik überfällt mich, als ich eine SMS aus meinem hier meist sinnlos herumliegenden Handy bemerke, was im Urlaub meist nichts Gutes bedeutet.

Sie stammt aber lediglich von unserem Vermieter, José. Bevor ich sie lesen kann, stapft er schon höchstpersönlich die Aussentreppe zu unserer Garagenterrasse herunter, um zu fragen, wann wir morgen aufzubrechen gedächten. Das war die einzige Störung in unserer trauten Zweisamkeit über all die Tage. Ein wirklich schöner Platz am Rand von Sevilla, angenehme Umgebung und angenehme Vermieter. Das wünschen wir uns für morgen, wo wir ja auch neue, unbekannte Wurzeln schlagen wollen in Conil.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Maurische Kunst im Orangenhof der Burg

Löwenhof und Jagdhof wenig spektakulär, aber maurische Baukunst im Palast von Peter dem Grausamen wie in der Alhambra. Umliegende Parkanlagen Oase der Ruhe mitten in Sevilla

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Häuschen in gepflegter Anlage am Cabo Roche

Stiller Empfang im Olivar de Conil, wo uns ein privates Hüttchen im Park zwischen Palmen erwartet. Den Palmar de Troia habe wir verpasst, jetzt wartet die Bucht von Cabo Roche

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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