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Tapas-Abend in Malagas nachts zur einzigen Gastromeile mutierten Altstadt: Die Wahl wird schnell zur Qual

Reisebericht zu Andalusien Costa del Sol → Malaga

Alle Formen von Restaurants und Bars beim nächtlichen Bummel

Auf dem Bummel durch die Einkaufspassagen um die Calle Larios entdecken wir neues Kunsthandwerk, aber zunächst keine zündende Idee zum Abendessen in einer Tapas-Bar. Erst im Papa y Pepe lassen wir uns in der gemütlichen Seitengasse nieder und sind durchaus zufrieden mit solider Küche ohne Höhen und Tiefen, dafür aber zivilen Preisen und aufmerksamen Service.

Nach einem ausführlichen Besichtigungstag mit mehrfacher Busrundfahrt sind wir letztlich an meinem Lieblingsplatz am Hafen angelangt und haben dort den Sonnenuntergang über der Stadt bewundert. Jetzt wird es Zeit, sich ein schönes Plätzchen zum Abendessen zu suchen, wobei wir gerne wieder die Tapas-Variante wählen möchten. Angesichts der riesigen Auswahl in Malagas Altstadt, die mehr zur Qual wird, habe ich entgegen meiner Gewohnheiten keine Vorauswahl getroffen, sondern mich auf das Suchglück verlassen.

Kunsthandwerk und Einkaufspassagen rund um die Calle Larios in Malagas Altstadt

Noch drückt der Hunger nur von Ferne, so dass wir uns noch auf einen Spaziergang durch die im Hinterland der Einkaufsmeile Calle Larios befindlichen Gassen machen, natürlich auch in der Hoffnung, dort auch kleine gastronomische Perlen zu finden. Zunächst aber finden wir höchst interessante Konzentrationen des Handwerks. An einer Ecke haben sich anscheinend die Hutmacher versammelt, wofür Lore wenig übrig hat, zwei Straßen weiter die Hochzeitsversorger, aber ein Brautkleid brauchen wir nach 20 Jahren Ehe auch nicht dringend. Immerhin findet sich noch ein Kunsthandwerker, der witzige Mobiles aus Eierkartons anbietet und Lores Bastlerherz erfreuen kann. Wir werden erst später merken, dass auch hier zu späterer Zeit die Gastronomie sich auf die Straße bewegen wird, nur werden im touristischen Hinterland die spanischen Essenszeiten noch genauer eingehalten, so dass wir jetzt noch nichts davon bemerken.

Auf dem Weg zurück in Richtung Plaza de la Constitucion, also dem Hauptplatz der Altstadt, werden wir von einem höchst wichtigen Cordon von Luxuskarossen mit zugehörigem Polizeiaufgebot aufgehalten. Offenbar besucht Madame Thyssen ihr Museum am Vorabend der nächsten Ausstellungseröffnung. Das drängt uns seitlich ab, so dass wir noch eine echte Hochzeitsgesellschaft vor der Kirche Iglesia de la Salud bewundern dürfen. Die Spitzen der Fassade im Zuckerbäckerstil erwischen gerade noch die letzten Sonnenstrahlen im Abendlicht, was schon ziemlich pittoresk aussieht. Am Hauptplatz ist es dann schon dunkel und wir arbeiten uns jetzt mal durch die Einkaufspassagen vorwärts. Das ist schon ein moderner Kontrast zum gediegenen Marmorboden außerhalb, aber kulinarisch nicht unbedingt erhellend.

Qual der Wahl: Auf der Suche nach Tapas-Bars in Malagas Altstadt

Immerhin kommen wir an deren Ende auch wieder in die engen Gassen der Altstadt. Nachdem sich diese aber mehr oder weniger elliptisch um die Kathedrale und das Hafenbecken schlängeln, wird die Orientierung schnell schwierig. Ab und zu gelangt man wieder auf Plätze, die man schon kennt, ohne aber zu wissen, wie es von dort weiter geht, auch wenn die grobe Richtung immer deutlich bleibt.

Wir treffen jedenfalls am Ende der Passage zügig auf das nett mit Blumen verzierte Gebäude, in dessen Erdgeschoss Lore gestern schon ein Lokal aufgefallen war. Dass es sich hierbei allerdings um ein Restaurant handelt, das wegen dieses Status jetzt noch nicht geöffnet hat, glaubt sie mir allerdings erst nach Durchsicht der ausgehängten Speisekarte und Einsicht in die dunklen Betriebsräume. Die Tapas-Bar in Richtung der Hauptstraße sieht auch nicht schlampig aus, jedoch stört hier die Alternative an Sitzplätzen. Entweder gibt es Barhockertischchen, die entlang der Hauptstraße ohnehin sehr beliebt sind, oder unbequeme Kinderstühlchen in den Nebengassen. Nach zwei Sekunden Probesitzen sind wir auch schon wieder verschwunden, bevor uns ein eifriger Ober verhaften kann.

Etwas weiter oben erreichen wir die Plaza Uncibay, wo Leben und Gastronomie toben. Mittendrin eine japanische Kleinfamilie, die scheinbar versucht hat, mit dem Auto hierher zu gelangen und ihr Gepäck ausladen möchte. Das sofort einsetzende Hupkonzert der nachwartenden Taxis vergällt ihnen dieses Unterfangen aber blitzartig. In einem der Restaurantgärten scheinen sich nur Einheimische herumzutreiben, was uns an die schönen Tapa-Erfahrungen in Granada erinnert. Nur ist hier leider schon absolut jeder Tisch besetzt.

Am Herweg war mir aber einige Meter unterhalb ein Lokal aufgefallen, dass abgesehen von den üblichen Barhockerstehtischen in der Seitengasse auch noch "normale" Tische und Stühle aufgebaut hatte, die noch überschaubar besetzt waren. Da werden wir jetzt unser Glück versuchen.

Im ruhigen Hinterhof des Papa y Pepe lässt man uns Zeit zum Studium der Karte und des Ambiente

Tatsächlich finden wir hier hinter den hohen Tischen auch bequeme Gartentische und –Stühle, wie sie in jedem Eiscafé zu finden sind, dazu angemessene Ruhe bei genügender Aussicht auf das Geschehen. Hinten öffnet sich sogar noch ein kleiner Platz, der gastronomisch gerade erst zum Leben zu erwachen scheint. Der fixe Ober hat die Karte schon präsentiert, kaum dass wir Platz genommen haben, lässt uns aber gelassen die Zeit, diese wie unsere Umgebung in Ruhe zu studieren. Nur die üblichen Getränke kommen sofort.

Während wir uns mehr im rustikalen Stil aufgehoben fühlen, hat gegenüber wohl die mehr moderne Mischung aus Tapa-Kultur und so genanntem Cross-Over Einzug gehalten. Sowohl in der hellen Küche im ersten Stock, die wir von hier gut beobachten können, wie im stahlvernebeltem, lounge-artigem Gastbereich scheint sich nicht viel zu bewegen. Ein riesiger Bildschirm wirft flackerndes Licht in den Raum, gekoppelt mit den neuesten Börsennachrichten. Vielleicht kommen die Banker erst später zu Tisch, wir sind jedenfalls froh, dort nicht hineingeraten zu sein.

Am kleinen Platz im Hintergrund scheinen die Bars gerade erst zu öffnen. Mit großen Tafeln machen sie auf ihre Cocktailangebote aufmerksam. Ihre Hauptsaison scheint wohl noch auf sich warten zu lassen. Etwas konsterniert steht der eine Wirt vor den zusammen geketteten Türmen seiner Bestuhlung, während seine Bedienung sich murmelnd in Richtung der Hauptstraße entfernt. Kurz darauf taucht sie mit einer Tüte Speisung wieder auf. Derweilen hilft aber unser Ober beim Aufbau der Tische, während der Capo sich über unzuverlässiges Personal zu beschweren scheint.

Anscheinend hilft man sich hier aber noch gegenseitig, was mich bezüglich eigener kulinarischer Aussichten beruhigt. Die bereits aufgestellten Tische scheinen auch nicht dem benachbarten High-Tech-Etablissement zu gehören und werden binnen kürzester Zeit auch auf den letzten Platz belegt sein. Dann wird auf dem ganzen Platz kein Zentimeter mehr unbestuhlt sein, wer dort aber von wem gerade bedient wird, interessiert nicht wirklich. Das macht mir den Platz schon mal ausgesprochen sympathisch.

Ein Erlebnis der besonderen Art werden wir noch erleben, als später eine exakte Kopie von Lores beider Nichten sowohl in Aussehen wie Habitus auftritt und nach kurzem Zögern dort Platz nimmt. Natürlich wissen wir, dass beide andernorts unterwegs sind, aber die Ähnlichkeit sorgt für einen ausgiebigen Theater-Effekt. Lediglich die folgende, mir bisher nur als Slapstickeinlage aus Chaplin-Filmen ähnlich erinnerbare Einlage outet beide als Amerikanerinnen oder Ähnliches. Einem der Mädchen gelingt es tatsächlich, einen Kalamar von der Gabel direkt in das durchaus üppige Dekolleté fallen zu lassen. Der kurzen Ungläubigkeit folgt ein sehr ausgiebiges Wühlen im Inneren des Sommerkleidchens, dessen Beobachtung uns wiederum zu ziemlich ausgiebigen Heiterkeitsausbrüchen veranlasst. Jedenfalls, unsere Nichten würden sich nie so in aller Öffentlichkeit benehmen, dessen sind wir uns bei allen Äußerlichkeiten sicher.

Solide Küche, breite Auswahl ohne Höhen und Tiefen: Das Papa y Pepe in Malaga

In der Zwischenzeit haben wir jedenfalls auch bereits die umfangreiche Speisekarte studiert und einen kleinen Fahrplan zusammengestellt, was gar nicht so leicht war. Natürlich habe ich wieder nicht an meine eigene Lesebrille gedacht und muss mit Hilfe Lores auf meiner Nase schief sitzender Lesehilfe Entscheidungen treffen. Pflaumen im Speckmantel sind klar, zur Zubereitung dieses Lieblingsgerichts sind wir zu Hause immer zu faul.

Patatas Bravas als Beilage auch. Die Spieße in Zitronenmarinade erweisen sich als gute Wahl ebenso wie die Freidura des Hauses. Neben Fisch und Tintenfisch finden sich hier auch gebackene Paprikastreifen, Zwiebelherzen und anderes Gemüse. Schmeckt sehr gut, ein kleiner Dip hätte allerdings nicht geschadet. Die Flamenquins, also Wraps mit verschiedener Füllung erweisen sich als sehr wohlschmeckend, aber auch als Herausforderung angesichts ihres als Tapa eingeschätzten Volumens.

Das auch hier deutlich sichtbare, einheimische Publikum hat uns kulinarisch nicht in die Irre geführt. Das war alles sehr solide, die Auswahl hat für jeden was zu bieten und die Portionsgröße bestimmt man selbst. Beim ersten Besuch steuerte der Ober auch die Abfolge noch ausgesprochen vernünftig, damit die dämlichen und gierigen Touristen nicht alle warmen Speisen gleichzeitig am Tisch hatten. Die Raffinesse unseres Besuchs an der Plaza Merced war es nicht unbedingt, dafür aber auch der Preis um ein Drittel niedriger.

Erst später haben wir bemerkt, dass es mittlerweile drei Häuser des Papa y Pepe gibt. Das ist prinzipiell kein Schaden, lässt aber auf gelinde gesagt strukturierte Gastronomie schließen, was auch Probleme zeitigt. Uns hat es gut geschmeckt, weshalb wir auch dort den nächsten Abend verbracht haben. Da war halt nur die Aushilfe im Service zugange und statt fünf waren plötzlich nur noch drei Pflaumen auf dem Teller. Das Papa y Pepe mag also insgesamt nicht unbedingt die königliche Erleuchtung des Tapear in Malaga sein, für eine grundsolide und breit gefächerte Auswahl aber taugt es allemal zu zivilen Preisen.

Beim Rückweg durch die Altstadt zum Paseo Parque am Hafen müssen wir uns erneut fast den Weg bahnen durch die überall aufgestellten Tische. Wer hier nicht über einen eigenen Geheimtip verfügt, kann im Papa y Pepe wenigstens wenig verkehrt machen. Wir selbst hadern noch kurz mit dem Schicksal des vor der Nase abfahrenden Busses, freuen uns danach aber beim allabendlichen Wettrennen der Müllautos auf dem herrschaftlichen Balkon eines schönen Tages und gemütlichem und lustigen Abends. Morgen stehen noch die Museen an, womit wir unser Soll an Kultur erfüllt haben werden.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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