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Im Stimmungsvollen Abendlicht glitzert das Hafenbecken am Palmeral de las Sorpresas und der Muelle

Reisebericht zu Andalusien Costa del Sol → Malaga

Im Hintergrund der zentrale Pavillon für Abfertigung an der Muelle

Der Hafen erweist sich erneut nicht nur als persönlicher Liebligsplatz, sondern auch als variationsreiche Gastromeile mit kreativen Ideen, ansprechenden Geschäften und guten Ideen zur Platzgestaltung durch moderne Architektur am Palmeral de las Sorpresas.

In der großen Runde bringt uns der rote Doppeldeckerbus über die Calle Victoria und die Kathedrale nach einem Schlenker über den Fluss wieder zum Hafen zurück. Wir fahren bis ans östliche Ende am Leuchtturm. Während ich die Promenade am Hafen ja bereits lieben gelernt habe, möchte ich jetzt auch das vor einem Jahr von dort lediglich als Lichtermeer wahrgenommene Ostufer des Hafenbeckens in Augenschein nehmen.

Mondäner Boulevard und variationsreiche Läden und Gastronomie bestimmen das Leben an der Muelle2

Hier an der Muelle hatten wir noch eine Architektenwohnung als Ferienwohnung in Betracht gezogen, sehr modern und stylish, jedoch wesentlich kleiner und ohne Balkon. Vermutlich wäre sie in einem der Wohntürme gelegen, die jetzt über uns aufragen. Wir hatten bei der Auswahl damals Sorge, dass die Lage zu zentral über dem belebten Hafenboulevard ansässig wäre. Ganz unbegründet war das wohl nicht, wie wir auf den ersten Blick bemerken, als wir die wenigen Schritte von der Straßenterrasse zum Leuchtturm hinunter auf die belebte Promenade am Hafenbecken wagen.

Hier reiht sich ein Restaurant an das nächste wie schon an der Plaza Merced, nur alles noch wesentlich mondäner und mit viel Glas und Aluminium aufgepeppt. Eigentlich lieben wir solche Fressmeilen nicht unbedingt, müssen aber schnell einen Rückzieher machen. Es gibt jede Variation der Küche zur Auswahl, das Angebot natürlich schon touristengerecht an mehreren Stehpulten und bunt bebildert einsehbar und mit dem lauernden Ober in der Nähe, der sofort ungefragt Erläuterungen abgibt. Einrichtung und Bestuhlung sind aber ausgesprochen fantasievoll und unterschiedlich. Beim Italiener ragen sogar mitten aus der rot-weißen Napoli-Bestuhlung zwei weiß lackierte, erhöhte Rokoko-Sitzgruppen für die besonderen Gäste heraus. Eigentlich findet sich fast in jedem Lokal irgendein spezieller Gag, am Ende warten sogar Michelin-Sterne auf uns.

Für den besten Gag sorgt aber zum Gaudium der Flaneure zunächst die spanische Kriegsmarine. Mit an Deck angetretener Mannschaft läuft ein kleines Schiff in den Hafen ein und versucht, unterhalb des Leuchtturms anzulegen. Die Versuche, die Anlegeseile den wartenden Hafenarbeitern zielgerecht zuzuwerfen, dauern etwa zehn Minuten und landen zunächst entweder im Wasser oder unerreichbar hinter den Windfanggläsern, die den Anlegekai abschirmen. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Ausbildungsboot.

Das am Ende natürlich dennoch glücklich endende Manöver warten wir aber doch nicht ab und erkunden lieber weiter die Promenade. Hier wird angenehmer Weise durch kleine Düsen überall feiner Wasserdampf versprüht (jedenfalls hoffen wir das), der zumindest den Anschein erwecken kann, die Tageshitze etwas zu mildern. Netter Service, finden wir. Im kleinen Hof am Ende der Gastromeile findet sich auch ein Kunsthandwerksladen, der neben dem üblichen Touristenkitsch auch durchaus sehenswerte Stücke zu bieten hat. Lore ist also eine Zeit lang beschäftigt.

Ich widme mich derweil dem Ambiente. Das kleine Café daneben hat beispielsweise als Bestuhlung kleine, gondelartige Sitzgruppen in verschiedenen Pop–Farben aufgebaut, ähnlich den Kelchen, wie sie bei uns an Riesenrädern hängen. Ist das schon bemerkenswert, muss ich fast lachen, als ich die Restbestuhlung des Platzes bemerke. Hier sind überall simple Euro-Paletten in verschiedenen Höhen mehrfach übereinander abgelegt, auf die simple Segeltuchpolster gelegt worden sind. So ist in dem eigentlichen öden Betonambiente eine ganze Couchlandschaft entstanden, die noch nicht einmal schlampig ausschaut. So einfach kann man auch einem Platz ein besonderes Gesicht verleihen.

Richtig herunter fällt mir die Kinnlade beim Blick aufs Hafenbecken. Hier hat eine Fähre in Form eines Riesenkatamarans angelegt und von hier aus schaue ich geradewegs durch die Öffnung zwischen den beiden Außenkielen. Ich brauche etwas, bis ich den Durchblick auch eingeordnet habe. Man sieht hindurch, als würde man mit dem Boot unter einer breiten Eisenbahnbrücke hindurch fahren wollen. Da wirken die beiden kleinen Schaluppen, die gerade von den marinen Ausflügen zurückkehren, wie Nussschalen davor.

Vermutlich wird uns die Muelle zwar nicht zum heutigen Abendessen wiedersehen, weil wir das auch dem Geldbeutel nicht zumuten wollen. Aber ein kleiner Spaziergang im mondänen Teil des Hafens macht schon Spaß und hat auch meinem gastronomischen Hintergrund die eine oder andere Anregung mitgegeben.

Friedliche Abendstimmung mit schönen Ansichten am Hafen vor dem Palmeral de las Sorpresas

Am Ende biegen wir dann auf die eigentliche Anlegemole ein, die seit ihrer Neugestaltung auch Palmeral de las Sorpresas, also Palmengarten der Überraschungen heißt. Der Name ist zu Recht gewählt, auch wenn schon die großzügige Überdachung des Boulevards mit seinen geschwungenen Streben im einfallenden Abendlicht eine Besonderheit darstellt. In tiefstehender Sonne schillern sie in allen Ocker- und Rottönen und tauchen die ganze Promenade in ein ganz besonders friedliches Bild. Sich hier einfach gemütlich auf einer der Bänke an den Windfangverglasungen niederzulassen, ist an sich schon ein Erlebnis.

Touristen, Einheimische und Seefahrer flanieren gemächlich vorbei. Junge Sportler präsentieren ihr Können mehr oder weniger gut auf Fahr‐ und anderen Geräten über dem breiten Steinplatten, was natürlich auch zu Belustigung Anlass gibt. Die schon eher lärmende Atmosphäre der Innenstadt ist weit entfernt. Auch im Hafenbecken glitzert das Wasser jetzt ganz besonders in diesem Licht. Schon beim kurzen Aufenthalt im Vorjahr hätte ich am Liebsten hier bleiben mögen, jetzt geht es mir nicht anders.

Auch eine Gruppe mit Segways rauscht an uns vorbei, wobei hier wohl eher die Einführung in die Bedienung dieser Stehroller im Vordergrund steht denn eine Stadtbesichtigung. Im Fahrradshop und –verleih in der Ecke zwischen Muelle 1 und 2 waren sie mir schon aufgefallen. Das wäre die Form asthma-gerechter Fortbewegung für Lore und mich, die mir noch vorschwebt, zumal Lore immer schon fasziniert vor diesen Geräten gestanden ist, wenn sie denn mal präsent waren. Aber nach wie vor ist dieses Vergnügen wohl nicht ganz billig, den Shop aber merken wir uns jedenfalls für die Zukunft.

Im zentralen Pavillon des Boulevards ist nicht nur der Check-In für die anlegenden Schiffe untergebracht, sondern auch das Unterwasserwelt-Museum. Das sparen wir uns jetzt. Die umliegenden kleinen Plätze, die sich wie einzelne Parzellen links und rechts anschließen, möchte ich aber schon noch einer genaueren Betrachtung unterziehen, wofür im letzten Jahr keine Zeit bzw. Luft mehr blieb.

Vorbild für kreative Platzgestaltung in der Stadt: Der Palmeral de las Sorpresas am Hafen von Malaga

Vordergründig sind diese offenen Höfe ja keine augenfällige Schönheit: In den Flächen zwischen der Muelle und dem satt grünen botanischen Garten zwischen den Verkehrsadern am Paseo del Parque setzen sich die Steinquader des Hafenboulevards fort, teilweise sind sie mit aschfarbenem Kies oder steinigem Erdreich aufgeschüttet. Bei näherer Betrachtung lüpfen wir aber schon den Hut.

Hier wurden nicht nur für jeden Abschnitt besondere Gartengestaltungen angelegt, die sich an der Flora Andalusiens orientieren sollen und natürlich von meinem Lieblingsministerium der Junta de Andalucia entsprechend dokumentiert werden. Auch die architektonische Gestaltung der Sitz- und Verweilmöglichkeiten ist an jeder Ecke verschieden. Mal schaut man unter laubenartig verwachsenen Dächern in die Sonne hinaus, mal sucht man den Schatten unter vereinzelten Palmen.

In einem Bereich locken muschelartig verwachsene Steinformationen Schulklassen zu Gruppenfotos beim Abhängen, mal gruppieren sich kalkweiße Steinbänke um einen kleinen Hof. Hier können die Buchleser sich ihren Ruhepunkt suchen. Auch die schon in Zuheros bestaunte Kultur, Sport– und Spielgeräte in Sandkästen aufzustellen, findet sich wieder. Lore ist eine Zeitlang beschäftigt, die Funktionsweise der einzelnen Apparate herauszufinden. Da kommt halt die Kindergärtnerin wieder durch. Woanders erinnern Wasserrinnen in Steinmauern vermutlich an das maurische Erbe des Generalife in Granada oder Springbrunnenkaskaden locken die Kinder zu Mutproben.

In der prachtvollen Umgebung einer Stadt wie Malaga mit mondänen Boulevards und berühmten Museen macht das vielleicht nicht so viel her. In meinen Augen ist es ein Musterbeispiel dafür, wie sich mit Kreativität und Intelligenz auch eigentlich öde Platzflächen zu einem angenehmen Aufenthaltsort umgestalten lassen bei vergleichsweise niedrigem Aufwand. Ich kenne einige Städte in Deutschland, denen eine Studienreise hierher nicht schaden würde.

Jetzt aber beginnt langsam der Hunger zu nagen und es wird Zeit, im Rahmen eines weiteren Altstadtspaziergangs einen Ort zu dessen Besänftigung zu suchen.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Die entlegenere Calle Victoria und die weite Aussicht vom Burgberg können wir bequem vom Panoramadach des Tourbus erleben, wo die Freitickets problemlos akzeptiert werden

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Breite Tapa-Auswahl lokaler Spezialitäten

Rund um die Plaza Constitucion begegnen wir Madame Thyssen, finden aber erst spät ein Restaurant mit ruhiger Lage und passenden Sitzmöbeln unterhalb der Plaza Uncibay

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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