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Schöne Gärten ud Aussichten in Cordobas Alcazaba , neue Ansichten der Mezquita

Reisebericht zu AndalusienCordoba → Mezquita Alcazaba

Blick vom Nordostende der Mezquita durch die Kirche zum Eingang

Diesmal zählt die Alcazaba zum Pflichtprogramm, das sich allerdings nur wegen der weiträumigen Gärten lohnt. Während des Wartens auf den Einlass zur Mezquita erleben wir nette Kollateralbilder des allgemeinen Tourismus-Gehabes, drinnen aber trotz Vorbereitung wieder eine Sensation nach der anderen. Neue Einblicke machen eben auch neue Impressionen.

Die königliche Burg Alcazaba hatten wir anlässlich unseres ersten Besuchs in Cordoba vor zwei Jahren nicht besichtigen können. Ein Regenguss hätte uns die schönen Gartenanlagen vergällt. Wie sich heute herausstellen wird, stellen gerade diese aber die zentrale Sehenswürdigkeit der Zitadelle dar.

Mit der Mezquita dagegen feiern wir ein Wiedersehen. Für mich ist diese seltsame Mischung aus Kathedrale, Moschee und Synagoge immer noch eines der spannendsten und monumentalsten Kirchenbauwerke Europas, an dem man sich eigentlich nicht sattsehen kann.

Alcazar von Cordoba: Eher langweilige königliche Burg mit ansehnlichen Gartenanlagen

Jetzt, bereits gegen Ende der Besichtigungszeit, ist die Schlange am Eingang durchaus überschaubar. Die verbleibende Stunde sollte uns auch reichen zu einer Besichtigung.

Zuerst steigen wir linker Hand einige Stufen in das Gebäude hinauf. Die schmucklosen Säle sind wenig spektakulär, die ausgestellten Stücke lassen die Räume zu einem Archäologie-Museum schrumpfen. Jedenfalls kein Vergleich zu den prachtvoll dekorierten Hallen im Alcazar von Sevilla oder der massiven Trutzburg in Granadas Alhambra. Auch die angepriesenen arabischen Bäder wirken nicht nur wegen ihrer versteckten Lage im Vergleich zu denen im Bergdorf Segura eher wie eine Rumpelkammer.

Im lichten Innenhof gibt es aber schon mal einen Vorgeschmack auf die folgenden maurischen Gärten. Auf einem kleinen Mäuerchen macht Lore eine kleine Beobachtungspause, während ich auf die Zinnen der Burg steige. Hier ist die Warteschlange noch länger als am Eingang, mühsam zwängt sich die Auf- und Abwärtsschlange durch die enge Wendeltreppe im Stiegenhaus. Am Wehrgang angekommen erweitert sie sich noch um diejenigen, die den Turm besteigen wollen. Das erinnert mich zu sehr an den Auftrieb auf die Giralda in Sevilla und ich beschränke mich lieber auf die Aussicht über die Dächer von Cordoba und den Turm der Mezquita vom ersten Stock aus. Unter den Türmen verleihen Rippenkuppeln den Gewölben einen kapellenartigen Charakter, ihre ansonsten ausgeprägte Schmucklosigkeit macht sie jetzt auch nicht gerade zu einer Sensation. Die Inquisition, die hier bis ins 19. Jhd. Hinein gehaust haben soll, brauchte für ihr Treiben ja auch nicht unbedingt noch Dekoration.

Zum Fluss hin bietet sich aber eine prachtvolle Aussicht über die angrenzenden Gärten, die wir als nächstes ansehen werden. Entlang der Mauer ziehen sich in mehreren Abstufungen blau schimmernde Wasserbecken hin, eingerahmt zunächst von Zierblumen in verschiedenen Farben, dann von dunkelgrünen Baumalleen. Leider haben wir das Angelzeug vergessen, sonst könnten wir hier unser Abendessen fischen. Das erinnert schon deutlich an das Vorbild des Generalife, auch wenn die plätschernden Wasserspiele noch fehlen.

Weiter zum Fluss hin folgen dann die eigentlichen Gärten. Das meiste lässt Lore sich lieber erzählen. Angesichts der beginnenden Mittagshitze ist es ihr an den Wasserbecken zu sonnig und die Gärten zu weitläufig. Wir machen es uns im Schatten der wie ein Kreuzgang angeordneten Parkanlage gleich neben der Burgmauer gemütlich und packen die Brotzeit aus.

Auf dem Vorplatz wird uns von sportlich bestiefelten Damen nochmals die königliche Reitschule ans Herz gelegt, die gleich ums Eck nistet. Mit Pferden haben wir es aber beide nicht so.

Warteschleife zwischen den Besuchergruppen und Picknick im Orangenhof statt in der Bar Santos

Die Besichtigung der Mezquita muss noch etwas warten. Sonntags wird vormittags dort die Messe gelesen, was zwar kostenlosen Zutritt ermöglicht, aber keine Besichtigung im touristischen Sinne erlaubt. Jedenfalls findet noch eine Hochzeit statt, als wir den Orangenhof betreten. Schade, wir dachten schon, die roten Teppiche vor dem sonst geschlossenen Haupteingang wären für uns ausgelegt.

So drehen wir eben noch eine Runde und warten, bis sich das Gotteshaus wieder in ein Museum gegen Barzahlung verwandelt. Ich mache nochmals neue Fotos von den Seitenpforten, auch die Touristeninformation wohnt hinter dem Taxistand in einem ansehnlichen Patio. Überall lungert Volk herum in größeren oder kleineren Gruppen. Erstaunt reagieren wir nur, als die Hochzeitsgesellschaft vor Besteigen der bereit gestellten Limousinen noch einen Zwischenstop in einer der kleinen Bars der Ostseite einlegt.

Hätte uns stutzig machen sollen. Erst daheim komme ich drauf, dass die Bar Santos zu den Etablissements gehört, deren Besuch uns sogar Tanya dringlich ans Herz gelegt hatte. Sie ist Kult in Cordoba wegen der angeblich besten Tortillas Andalusiens und die überall auf den Treppen verteilten Plastikschalen geben Zeugnis davon. Kann aber auch keiner ernsthaft damit rechnen, direkt neben der Haupt-Touristenattraktion auf weiteres, kulinarisches Kulturgut zu stoßen. Wir Klein-Blödis kaufen uns ein in Anbetracht der Lage erwartungsgemäß durchschnittliches Baguette in einer Sandwicheria einige Meter weiter.

Der Abgang der Hochzeitsgesellschaft macht aber den Weg frei zur Besichtigung. Nachdem der Orangenhof jetzt im Spätsommer eine deutlich bessere Figur macht als bei unserem ersten Besuch im März, picknicken wir dort noch unter den Bäumen, die jetzt auch einen Schatten werfen. Die übliche Schlange hat sich schon vor dem Ticketpavillon aufgebaut, Erinnerungen an die Alhambra werden wach. Wir schreiten zur Tat, bevor sie noch länger wird.

Mezquita: Neue Einsichten in Randkapellen und Renovierungsfortschritte beim zweiten Besuch

Natürlich ist die Überraschung nicht mehr ganz so groß, als wir durch den Seitengang aus dem grellen Nachmittagslicht in die meditative Stille der Moschee eintauchen. Aber einen Beruhigungsdämpfer versetzt es einem immer noch. Wir steuern ganz bewusst erst einmal die Seitenaltäre und Nebenkuppeln an, die wir beim letzten Mal vor lauter Staunen gar nicht richtig würdigen konnten. Hier gibt es durchaus einige eindrucksvolle Details zu bewundern, die in jeder anderen Pfarrkirche als Sensation vermerkt würden, hier aber vor der grandiosen Kulisse ein Nebendarstellerdasein fristen müssen.

Gottseidank konnten wir den Mihrab mit den Kapellen der Kalifen bereits in aller Ruhe besichtigen. Vor dem Gitter dieser Kleinode drängeln sich die Reisegruppen derart hin und her, dass man nach einem kurzen Blick entnervt aufgibt oder wenig später ohnehin weggeschoben wird. Unvorstellbar, dass ich damals im März zehn Minuten in aller Ruhe hier stehen konnte und mit offenem Mund die sternübersäte Kuppelkonstruktion der Maksura bewundern konnte. Die Schatzkammer sparen wir uns sowieso, die Capilla del Sagrario, den jüdischen Teil der Mezquita hätten wir aber schon gerne wiederbesichtigt. Die bleibt heute aber leider geschlossen.

So nähern wir uns jetzt von der Südseite her der zentralen Kathedrale. Hier ist der Überraschungseffekt fast noch größer, wie sich aus den dunklen Bogengängen plötzlich diese grau-lichte Kuppel erhebt. Das Retabel ist jetzt renoviert, dennoch beeindruckt mich immer noch das kunstvoll geschnitzte Chorgestühl aus Mahagoni im Hintergrund mit den verschiedensten Tierfiguren als Handgriff mehr. Lieber wäre es mir gewesen, wenn bereits mehr von der ersten Kathedrale, der Capilla Real bereits mehr zu sehen gewesen wäre. Immerhin sind die Gerüste schon so weit abgebaut, dass wir einen Blick auf die Königsstatue werfen und die Pracht der Gewölbe erahnen können.

So losgelöst von den grundsätzlichen Verpflichtungen einer Erstbesichtigung können wir noch weiter durch das Bauwerk schlendern und die stets wechselnden Stimmungen auf uns wirken lassen. Nicht nur die kleinen Kapellen an der Nordwand der Kathedrale, auch die stets wechselnden Tierfiguren an den Wurzeln der Rundbögen geben durchaus spannende Detailbilder.

Dieses Monument ist wie ein Asterix-Comic. Bei jedem neuen Lesen entdeckt man neue Details, neue Nuancen und neue Stimmungen. Vor lauter Angst, eine zu verpassen, könnte ich mich wahrscheinlich stundenlang hier aufhalten, aber nach einer geschlagenen solchen hat Lore genug. Ich kann ja wiederkommen, wenn die Capilla Real endlich wieder zu besichtigen ist.

Was bleibt, ist das Gefühl, inmitten einer einzigartigen, in Stein gehauenen, körperlich gewordenen Kulturgeschichte zu wandeln. Viele Museen dieser Welt geben sich große Mühe, durch audiovisuelle Medien Zusammenhänge zu verdeutlichen. Hier stellt das Gebäude selbst diese Zusammenhänge her, man muss sie nur deuten. Ob man das im Nachhinein kriegerisch als Zerstörung einer Moschee deutet oder als Beispiel für eine mögliche Koexistenz verschiedener Glaubensrichtungen, wie die Capilla del Sagrario als jüdisches Zentrum ja auch beweist, spielt eigentlich keine Rolle. Der Stein steht, und er spiegelt alle Richtungen wieder. Das gibt es wohl nirgendwo sonst so deutlich zu bewundern.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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